Ein anderer Punkt, warum die Stecklinge die Blätter hängen lassen, ist die Luftfeuchtigkeit. Auch dieses passiert nur bei frisch geschnittenen Stecklingen, denen es ohne Wurzeln schnell zu trocken wird. Oder bei frisch eingesetzten gewurzelten Stecklingen, die aus dem feuchten Stecklingsraum kommen. Das ist dann eigentlich keine Umfallkrankheit, sondern ein Aklimatisierungsproblem. Auch ältere Pflanzen leiden bei zu trockener Luft mit unter 50 % relativer Luftfeuchtigkeit. Stecklinge brauchen aber erst um die 80 % und Jungpflanzen um 60 %.
Jungpflanzen sind empfindlicher
Die Luft direkt vor den Kammern mit Stecklingen oder Jungpflanzen soll bei einer Trockenheit der Luft unbedingt befeuchtet werden. Es handelt sich um einen Energieaufwand sowie in vielen Growräumen an anderer Stelle die Luft wegen der Schimmelgefahr nicht so feucht werden soll. Sehr gut geeignet sind deswegen Ultraschallbefeuchter mit Tank, die auf eine Stelle ausgerichtet werden können. Mit dem Ultraschallbefeuchter kann einfach auf das Zimmergewächshaus benebelt werden. Es kann auch eine Kammer um die gerade eingepflanzten Jungpflanzen gebaut werden, bei der eine schmale Seite offen bleibt. Auf diese wird der Ultraschallbefeuchter ausgerichtet. Die Luft muss zirkulieren können, damit nicht alles weg schimmelt, weswegen die Kammer nicht ganz geschlossen wird. Alle zwei Tage kann die Leistung vom Befeuchter bei den Jungpflanzen etwas reduziert werden. Man sollte also bei nicht gewurzelten Stecklingen und gerade einpflanzten Jungpflanzen mehrfach am Tag ein wenig schauen, wann die „Umfallkrankheit“ bedingt durch trockene Luft in Erscheinung tritt.
Man kann die Stecklinge allerdings auch erst einmal in der Steinwolle etwas im Raum stehen lassen, in dem sie eingepflanzt werden, um zu sehen, ob sie die Blätter hängen lassen. Wenn es ein warmer und trockener Raum ist, muss sehr darauf geachtet werden, dass die frisch gesetzten Stecklinge in ihrer Steinwolle nicht austrocknen. Möglicherweise gießt man regelmäßig nur etwas auf den eingesetzten Steinwollwürfel, um ein Überwässern der noch feuchten Erde zu vermeiden.
Wann setzt die hitzebedingte Umfallkrankheit ein?
Ab wann ist es denn zu warm, wodurch die Umfallkrankheit einsetzen wird? Die nicht gewurzelten Stecklinge verfaulen ab einer Temperatur von nur 26° Celsius mit dem Stiel im Wuchsmedium. In den vielen Fotos im Werk wurde fast immer Steinwolle verwendet. Man wird es diesen Stecklingen aber zuerst nicht ansehen, da sie oberirdisch völlig gesund aussehen. Das durch die Umfallkrankheit verfaulte Stück kann abgetrennt werden, um den Steckling erneut zu nehmen.
Es ist somit dringend darauf zu achten, dass es direkt bei den Stecklingen nicht wärmer als 26° Celsius wird. Gleichzeitig ist natürlich auf die Luftfeuchtigkeit zu achten, damit die Stecklinge nicht wegen dieser schlapp machen. Für wurzelnde Stecklinge wäre im Übrigen eine Temperatur zwischen 21 bis 24° Celsius mit einer Luftfeuchtigkeit über 70 % optimal.
Für die Jungpflanzen oder bereits gewurzelten Stecklinge wird die Temperatur ab 28° Celsius tödlich. Auch für die Jungpflanzen ist es besser, wenn es nur bis 24° Celsius warm wird, das ist die optimale Temperatur, bei dem ein optimales Wachstum einsetzt. Das gilt im Übrigen auch für die bereits blühenden Pflanzen, die nur bei höheren CO₂-Luftkonzentrationen von höheren Temperaturen profitieren. Ansonsten wäre selbst für den Blüteraum während der Beleuchtung die Temperatur von 24 bis 26° Celsius viel besser als 28° Celsius oder mehr. Ab einer Temperatur von ca. 36° Celsius stellen die Pflanzen ihr Wachstum sogar ein und harren nur noch aus.
Es ist eben leider nicht so einfach, dass man ein paar Lampen aufhängt und die Pflanzen darunter stellt. Oft muss man den Growraum speziell einrichten und klimatisieren. Wenn das machbar ist und zudem gelingt, dann sollten Probleme wie die Umfallkrankheit mit umkippenden Stecklingen und Jungpflanzen der Vergangenheit angehören.
Umfallkrankheit durch warmes Wasser
Die hitzebedingte Umfallkrankheit geht auf zu viel Wärme an den Wurzeln zurück. Natürlich misst man die Temperatur der Luft, aber diese überträgt sich auch auf die Erde. Wer sich bereits mit der Hydroponik oder Aeroponik etwas befasst hat, der weiß, dass das Wasser eine konstante Temperatur von 18 bis 21° Celsius haben soll, damit der Grow erfolgreich wird. Neben einer Wasserheizung wird in vielen Systemen deswegen auch eine Wasserkühlung integriert.
Wer auf Erde growt, kann auch mit 10° oder 30° Celsius gießen. Das ist nicht so schön, aber beeinträchtigt die Pflanzen nur ein bis zwei Stunden. Wenn in einem rezirkulierenden System von einem Wasserkreislauf geredet wird, wären diese Temperaturspitzen jedoch tödlich. Die Pflanzen mit bereits verholzten Wurzeln und holzigen Stämmen werden natürlich nicht wie bei der Umfallkrankheit flach am Boden liegen. Lassen sie nicht direkt die Blätter hängen, werden sie wenigstens wie bei Staunässe stagnieren und eingehen. Man wird aber mit erheblichen Ernteeinbußen oder einem Totalausfall kalkulieren müssen.
Auch bei Stecklingen und Jungpflanzen soll bereits bei einem Anbau auf Erde auf die Temperatur vom Gießwasser geachtet werden. Kaltes Leitungswasser im offenen Tank über Nacht im temperierten Vorraum abstehen zu lassen, lässt zugleich gelegentlich enthaltenes Chlor ausgasen.
Gestresste Pflanzen
Selbst ältere Pflanzen leiden bei einer zu hohen Temperatur, selbst wenn sie nicht direkt wie bei der Umfallkrankheit flach am Boden liegen. Die Pflanzen haben einen grünen, orangen und roten Bereich. Im orangefarbenen Bereich sieht man es nicht so schnell, dass der grüne verlassen wurde. Aber die Pflanzen bringen nicht mehr die volle Leistung und man hat bereits Einbußen.
In der Fachsprache wird von „gestresst“ geredet. Jedes Lebewesen hat andere Bedürfnisse an seinen Lebensraum. Hier gibt es einen Bereich, in dem es sich gut und mit voller Leistung entwickelt. Es ist gegen Schädlinge, Parasiten und Krankheiten beständiger. Dann gibt es nach oben und unten hinaus zuerst den Bereich, den dieses Lebewesen noch gut verkraftet und dann den Bereich, in dem es zurückbleibt, Schaden nimmt und letztlich eingeht. Man sollte seine Marihuanapflanzen deswegen nicht „stressen“. Das ist sogar sprichwörtlich zu verstehen, dass man nicht ständig an den Töpfen dreht oder wackelt und die Pflanzen sehr behutsam behandelt.
Beim Marihuanaanbau sollte man also nicht nur mit den Augen zu schauen und nach Gefühl arbeiten, sondern Thermometer, Hygrometer und andere verfügbare Messgeräte nutzen. Wenn man dann die Umfallkrankheit bemerkt, kann man die Ursachen schnell auf Überwässerung, zu viel Temperatur, zu wenig Luftfeuchtigkeit oder Luftspalten beim Einsetzen der Steinwollwürfel zurückführen und ganz gezielt Gegenmaßnahmen einleiten.
Fotoinfos
Titelfoto:
Auch hier klappen zwei Stecklinge zuerst einmal ab. Umfallkrankheit, oder nicht? Dieses Mal ist es nicht die Temperatur. Es kann auch daran liegen, dass die Stecklinge die Steinwolle trocken saugen und noch nicht in das CoGr gewurzelt sind. Oder zwischen dem Steinwollwürfel und der Erde ist ein Luftspalt, da nicht alles richtig angedrückt wurde. Dann können die Pflanzen verdursten, obwohl das CoGr oder die Erde genügend feucht sind. Deswegen sollen die Steinwollwürfel immer angedrückt und mit einer dünnen Schicht Erde bedeckt eingesetzt werden, damit die Steinwolle nicht an der Luft austrocknen kann.
Foto im Artikel:
In diesem Fall liegt die „Umfallkrankheit“ der Stecklinge aber an trockener Luft, es ist also nicht die sogenannte Umfallkrankheit mit ihren verschiedenen Ursachen. Die Pflanzen kommen gerade als bewurzelte Stecklinge aus dem Badezimmer, in dem die Luft im Zimmergewächshaus feuchter ist. Sie wurden eingesetzt, gegossen und vier Stunden später sehen sie dann so aus. Im zweiten Bild sieht man die Lösung. Ein kleiner Ultraschallbefeuchter hebt punktuell die Luftfeuchtigkeit und die Stecklinge können sich Schritt um Schritt an die trockene Luft gewöhnen. Der Luftbefeuchter wird erst auf hohe Stufe gestellt und alle zwei Tage etwas runtergedreht. Direkt nach dem Nehmen der Stecklinge oder nach dem späteren Einpflanzen sollte man alle paar Stunden prüfen, dass sie nicht die Blätter hängen lassen und sonst die Luftfeuchtigkeit anheben.