Einst wurde es beim Stecklingsschnitt so gemacht, dass mit einem alten Skalpell ein oder zwei Dutzend Triebe von den Mutterpflanzen runtergeschnitten und in ein Glas Wasser gestellt wurden. Zu große Blätter wurden auf halbe Größe gestutzt. Der wurzelnde Steckling benötigt noch nicht viel Laub, dieses kann sogar belastend wirken, da mehr Wasser aufgenommen werden muss und die Wurzeln erst noch gebildet werden. Sind die Blätter aber nicht groß ausgeprägt, dann sollen sie stehen bleiben.
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Dann wurden die Stecklinge in die Hand genommen, um den Stiel mit einem scharfen Skalpell schräg anzuschneiden. Es ist wichtig, dass die Schnittstelle schräg ist, damit die Pflanze nach dem Stecklingsschnitt besser Wasser aufnehmen und schneller mit Wurzeln austreiben kann Außerdem soll ein scharfer Skalpell verwendet werden, damit die Poren sich beim Schneiden nicht verschließen. Nach dem schrägen Anschneiden muss der Trieb deswegen schnell in die Steinwolle gesteckt werden, damit die Poren nicht antrocknen und sich dabei schließen.
Viele schneiden immer einen Trieb nach dem anderen und setzen diesen direkt in die Steinwolle. Schneller und ohne Nachteile geht es, wenn direkt 20 Triebe für den Stecklingsschnitt in eins genommen werden.
Um noch die Fachbegriffe zu nennen
Dort, wo die Blätter am Zweig herauskommen, ist ein Blattknoten, der Nodi heißt. Der Abschnitt von einem Blattknoten zum anderen wird Internodium genannt. Vom Triebanfang zur ersten Nodi ist es also kein Internodium. Auch an dieser Stelle könnte einfach der gesamte Trieb abgetrennt werden. Im Normalfall trennt man diesen jedoch in einem Internodium durch, damit zwei weitere Triebe aus dem verbleibendem Nodi wachsen können.
Der Stecklingstrieb soll ein Nodi und die Treibspitze haben, mehr macht es nicht besser. Wenn die wurzellose Pflanze zu groß ist, wurzelt sie nicht besser, sondern schlechter an. Wird demnach ein Trieb mit mehreren Nodi als Steckling genommen, sollte er noch gekürzt werden, um vielleicht auch zwei Stecklinge aus dem Trieb zu erhalten. Allerdings scheinen die Stecklinge mit einer zentralen Treibspitze besser zu sein als die, bei denen zwei aus der Nodi wachsen, da hier bereits der Wuchssaft einmal verzweigt. Mit jedem Verzweigen durch eine Verstümmelung verliert die Pflanze an Kraft.
Feinheiten beim Stecklingsschnitt
Chirurgische Skalpelle oder sogenannte Balsamesser aus dem Modellbau haben auswechselbare Klingen und eignet sich hervorragend für den Stecklingsschnitt. Man sollte sich jedoch nicht selbst zu tief damit schneiden, wenn die Klingen gewechselt werden. Mit der frischen Schnittstelle wurde der Trieb ca. zwei cm tief in Clonex Wurzelgel getaucht und dann in den Steinwollwürfel gesteckt. Mit dem Stiel vom Skalpell wird die Steinwolle an den Pflanzenstiel angedrückt. Es ist wichtig, dass der Steckling wirklich festen Kontakt zur Steinwolle hat und nicht einfach lose im Loch steht. Das ist selbst bei gewurzelten Stecklingen wichtig, die in eine Steinwollmatte gesetzt werden, dass keine Luftlöcher zum Wurzelballen verbleiben.
Beim Clonex Wurzelgel soll immer etwas entnommen und die Reste nach dem Schneiden entsorgt werden, damit der Rest vom Clonex nicht verunreinigt wird. Es ging aber auch so, dass die Triebe direkt in der kleinen Clonexdose gebadet wurden und es nach Monaten immer noch gut war.
Wer einen anderen Wurzelstimulator für den Stecklingsschnitt verwendet, muss natürlich auf die genauen Anweisung des Herstellers schauen. Einige dürfen nur als Streifen am Stiel aufgetragen werden, andere nur an den Seiten aber nicht der Schnittstelle. Dann könnte man erst den Wurzelstimulator auftragen und danach schräg anschneiden.
Viele verschiedene Wurzelhormon-Präparate
Beim Stecklingsschnitt wurde einst auch ein Wurzelpulver eingesetzt. Dieses wird am schnellsten so verwendet, dass der Steckling mit dem Stiel ca. zwei cm in Wasser getaucht wird, der Tropfen wird abgeschüttelt. Nun steckt man den feuchten Stiel in das Wurzelpulver, klopft ihn ab und dann erst wird der Stiel schräg angeschnitten. Nun kommt der Trieb in sein Wurzelmedium. An dem feuchten Stiel klebt das Pulver und kann hier wirken.
Es gibt verschiedene Wurzelgels und diese wirken teilweise so, dass sich die Wurzeln über der in Gel getauchten Stelle bilden. Somit sollen die Stecklinge in dieses Wurzelgel nicht tief eingetaucht werden. Wer wirklich geizig ist, der kann beim Stecklingsschnitt auch auf das Wurzelmittel verzichten, die Triebe wurzeln ebenfalls. Mit einem Wurzelhormon geht es schneller, besser und mit weniger Ausfällen. Die Steinwollblöcke kosten immerhin auch Geld und geht der Steckling ein, könnten sich in der Steinwolle wieder Bakterien, Gammel oder Krankheiten bilden. Der Steinwollblock wäre deswegen zu entsorgen und nicht noch einmal zu verwenden.
Wenn die Stecklinge mit ihren teilweise elastischen Stielen in die Steinwolle gesteckt werden, dann können die Stiele biegen und knicken. Das soll natürlich nicht passieren. Dann sollte mit einem Streichholz ein Loch in die Steinwolle oder den Jiffys Torfballen vorgebohrt werden. Der Steckling wird reingesetzt und der Boden zum Stiel wird angedrückt. Wenn der Stiel zur Luft Kontakt hat, dann wird er nicht wurzeln. Er muss rundum Kontakt zum Wurzelmedium haben.
Blattnahrung verwenden oder nicht?
Viele verwenden für ihre ungewurzelten Stecklinge Blattnahrung. Das wurde zwischenzeitlich ebenfalls probiert. Es wurden keine sichtbaren positiven Effekte festgestellt. Die Blattnahrung zielt eher auf das oberirdische Wachstum ab und hier sollen die ungewurzelten Stecklinge zuerst nicht viel wachsen. Für die Wurzeln werden kaum Nährstoffe benötigt und diese befinden sich im aufgenommenen Wasser. Somit ist es wirklich nicht notwendig, dass mit einer Blattnahrung gearbeitet wird. Es schadet nicht, diese alle fünf Tage mit dünner Lösung zu verwenden, es nützt aber auch nicht wirklich.
Fotoinfos
Titelfoto:
Zu sehen ist alles, was man zum Schneiden von Stecklingen benötigt, nur die Mutterpflanzen fehlen. Oben links ist ein Wurzelgel zu sehen, es gibt auch andere Wurzelhormone, aber mit diesem lässt sich zuverlässig arbeiten. Die große Schere wurde nur verwendet, um den Stecklingen die großen Blätter zu stutzen, wie es auf dem Bild zu sehen ist. Unten mittig ist das Skalpell mit einer zusätzlichen, alten Klinge zu sehen.
Mit der verbrauchten Klinge wurden dutzende Stecklinge auf einmal von den Pflanzen geschnitten und ins Wasserglas gestellt. Dann wurden die großen Blätter zur Hälfte zurückgeschnitten. Anschließend wird mit der frischen Skalpell Klinge der Stiel schräg angeschnitten. Dieser wird in das Wurzelgel getaucht und dann in die Steinwolle gesetzt, wie es beim Steckling in dem helleren Steinwollwürfel zu sehen ist. Der im dunkleren ist bereits so weit gewurzelt, dass er eingepflanzt werden könnte, ein paar mehr Wurzeln wären jedoch besser.
Foto im Artikel:
Hier ist alles nach dem Stecklingsschnitt zu sehen, auch wie weit die Mutterpflanzen zurückgeschnitten werden. Diese sind bei der in diesem Werk beschriebenen Vorgehensweise erst klein und haben nur wenige Triebe. Mit jedem Schnitt wachsen sie tendenziell etwas in die Höhe und bilden mehr Triebe. Auf der linken Seite sind die Nachzügler-Stecklinge vom Schwung zuvor zu sehen. Nach gut drei Wochen haben sie gerade erst Wurzeln, aber noch nicht üppig. Zur rechten Seite stehen die frisch geschnittenen Stecklinge. Es handelt sich um kräftige Triebe, praktisch jeder dieser Triebe ist der oberste gewesen und deswegen hervorragend ausgeprägt.