Selbstgemacht schmeckt doch immer noch am besten. Und so verhält es sich auch für viele Cannabis-Konsument:innen bei ihrem Lieblingskraut. Einen Cannabissamen in die Erde zu stecken, daraus eine Pflanze aufzuziehen und sie bis zum letzten Blütetag zu bewundern, ist für viele Hobby und Passion – wenngleich es eine verbotene Liebe war. Doch dieses Mal liegt die Betonung auf „war“, denn schon zeitnah werden in Deutschland Grower:innen ihre Pflanzen anbauen können ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen.
Rechtliche Lage in Deutschland
Seit vielen Jahrzehnten blieb der Anbau von Cannabis ein absolutes Tabu in der Bundesrepublik. Doch nun, im Zuge der Legalisierung und Entkriminalisierung, soll der Eigenanbau von bis zu drei weiblichen Pflanzen im kommenden Jahr vollkommen straffrei sein. Auch der Anbau von mehreren Pflanzen in einem Anbauverein, einem “Cannabis Club“, soll möglich sein.
Allerdings gibt es natürlich in unserem Bürokratie-verliebten Land auch einige Regeln, die den Anbau betreffen: Die Pflanzen müssen abgeschlossen und unerreichbar für Kinder und Jugendliche sein, der Nachbar darf durch den Grow nicht belästigt werden. Dazu kommt noch eine Grenze hinsichtlich der Erntemenge, da man nie mehr als 25 g getrocknetes Blütenmaterial (pro Person im Haushalt) lagern darf. Aber noch sind die Diskussionen nicht beendet, die internen Prozess in der Gesetzgebung rotieren und wir dürfen gespannt sein, wie das final erlassene Gesetz am Anfang des neuen Jahres aussehen wird. Doch kommen wir wieder zum eigentlichen Thema: dem Anbau der Pflanzen im eigenen Zuhause.
Indoor oder Outdoor?
Die Cannabis-Aufzucht kann entweder Indoor in einem Growschrank oder Outdoor, also unter freiem Himmel stattfinden. Zum aktuellen Zeitpunkt ist bisher nicht wirklich klar, ob und wie ein Outdoor-Grow in Deutschland ausgestattet und gesichert sein müsste, um ihn problemlos durchführen zu können. Auch wenn wir weiterhin nicht genau wissen, ob sich ein Outdoor-Grow hinsichtlich der einzuhaltenden Maßnahmen rentiert, sollte man sich dennoch mit den Vor- und Nachteilen bekannt machen, falls man später einmal die Wahl haben wird.
Indoor-Anbau – die Kontrolle haben
Der Cannabis-Anbau in einem Grow-Zelt oder Anbau-Schrank bietet den großen Vorteil der Kontrolle: Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Beleuchtung und Bewässerung – all diese Faktoren können in einem Growschrank kontrolliert und optimiert werden. Jedoch hat diese Kontrolle auch einen Preis – im wahrsten Sinne des Wortes – und zwar die Strom- und Wasserkosten. Wer allerdings dazu bereit ist, diesen Preis zu zahlen, zuzüglich der eigentlichen Kosten des Equipments, kann in einer Growbox echte Premium-Blüten erzeugen. Jedoch nur dann, wenn auch das Fachwissen und die stetige Kontrolle der oben genannten Faktoren gegeben ist.
Outdoor-Anbau – nach den Launen der Natur
Der Outdoor-Anbau hingegen ist alles andere als kontrollierbar: Luftfeuchtigkeit, Temperatur und Beleuchtung werden allesamt durch Mutter Natur reguliert. Nur bei der Auswahl des geeigneten Growplatzes kann die Sonneneinstrahlung zumindest einkalkuliert werden. Ausschließlich das Bewässern kann von Grower:innen beeinflusst werden, jedoch ist man einer Überwässerung durch lang anhaltenden Starkregen ebenfalls machtlos ausgeliefert. Doch dafür hat der Outdoor-Grow auch einen entscheidenden Vorteil, insbesondere, wenn man die Pflanzen direkt in die Erde setzt: aus Cannabispflanzen können regelrechte Cannabis-Büsche von bis zu 3 m Höhe entstehen, was schlichtweg daran liegt, dass ihre Wurzeln nicht wie beim Indoor-Grow durch die Wände eines Topfes in ihrem Wachstum eingeschränkt werden.
Zudem ist der Outdoor-Anbau wesentlich günstiger, da man weder künstliche Beleuchtung noch Belüftung benötigt und selbst die Bewässerung teils von Regenwolken gesponsert wird. Dennoch muss man mit deutlich mehr Risiken leben, wie beim Indoor-Grow, wie Stürmen, Hagel, Starkregen oder Schädlingsbefall. Beim Outdoor-Grow liegt das Ziel der Wachstumsphase darin, die Pflanzen so robust und widerstandsfähig wie nur möglich zu machen – und diese Stärke spiegelt sich oft auch in der Erntemenge und Qualität deutlich wider.
Basics des Anbaus
Auch wenn der Anbau illegal war/ist, hat das viele Enthusiast:innen der Pflanze nie davon abgehalten, die Pflanzen im geheimen zu growen. Sie mussten immer mit dem Risiko leben, dass eines Tages die Polizei vor ihrer Tür stehen könnte. Doch da dieses Risiko bald wegfällt, wird auch das Interesse der regeltreuen Bürger:innen geweckt. Gerade als Einsteiger:in ist man im ersten Moment relativ erschlagen von der großen Auswahl an Growboxen, Lampen, Substrat, Düngemitteln und all dem anderen Equipment, das es angeblich zum Anbau einer ordentlichen Cannabispflanze benötigt.
Grundsätzlich sollte man sich stets vor Augen halten: Es ist nur eine Pflanze. Ein Substrat, in das sie ihre Wurzeln schlagen kann, Wasser, um sich mit Nährstoffen aus dem Boden zu versorgen und Licht, um Fotosynthese betreiben und somit wachsen zu können – mehr benötigen die meisten Pflanzen nicht und so auch Cannabis. Je schlechter die Bedingungen, desto schlechter wächst die Pflanze. Erst wenn man diesen Grundgedanken verinnerlicht hat, sollte man sich weiter in die Tiefen des Fachwissens begeben, um die Qualität seiner Pflanze zu optimieren.
Erde
Wie die allermeisten Pflanzen benötigt auch Cannabis ein Substrat, in welches der Samen oder die Stecklinge eingepflanzt werden können. Für einen Standard-Anbau verwendet man Erde. Der Vorteil an Erde ist ihre Pufferwirkung: Einige Hersteller verkaufen speziell für den Cannabis angepasste Erdmischungen, die bereits komplett gedüngt sind. Die Nährstoffe des Düngers werden stetig über gesamten Zeitraum des Grows an die Erde und somit an die Pflanze weitergegeben. Auch wenn man sich für eine ungedüngte Erde entscheidet und die Düngung seiner Pflanze selbst in die Hand nehmen will, profitiert davon, dass die Erde alle Nährstoffe aufnimmt und langsam wieder abgibt.
Um den Grundgedanken noch einmal aufzufassen: Theoretisch kann man sich auch für Erde aus dem Baumarkt entscheiden, um Geld zu sparen. Doch diese Erdmischungen haben oft ein ganz anderes Nährstoffverhältnis, als speziell angepasste Mischungen. Die Pflanzen werden dennoch auch in Baumarkt Erde wachsen – nur eben nicht so gut, wie in der korrekten Erde.
Wasser
Eine Cannabispflanze besteht zu 80–90 % aus Wasser. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sie regelmäßig gegossen werden müssen, um am Leben zu bleiben. Doch niemals zu viel des Guten, da eine Pflanze im Topf schnell überwässert ist und ihre Wurzeln im Boden verfaulen. Doch nicht nur die Menge ist entscheidend, auch die Härte des Wassers spielt eine Rolle. Ideal ist ein pH-Wert zwischen 6,3 und 6,8, da bei diesen Werten die optimale Nährstoffaufnahme gegeben ist. Liegt der pH-Wert weit darüber oder darunter, kann es zu einem Wachstumsstopp kommen, da die Pflanze keine Nährstoffe aufnehmen kann. Das Glück im Unglück: die Pflanze wird mit deutlichen Anzeichen, wie schlaffen oder verfärbten Blättern auf einen Nährstoff- oder Wassermangel auf sich aufmerksam machen.
Licht
Neben dem Wasser ist das Licht einer der wichtigsten Faktoren beim Anbau jeglicher Pflanzen: ohne Licht keine Fotosynthese, ohne Fotosynthese kein Wachstum. Deswegen ist beim Indoor Anbau die Wahl der korrekten Lampe entscheidend. Je nach Größe des Growschranks und der Anzahl der darin stehenden Pflanzen muss eine entsprechende Menge Licht geliefert werden, um ein gutes Wachstum und später ein optimales Blütenwachstum erwarten zu können. In der Wachstumsphase benötigen die Pflanzen wie an einem schönen Sommertag rund 18 Stunden „Sonnen“-Licht in der Box, um hoch hinauszuwachsen.
Nach wenigen Wochen wird die Beleuchtungszeit auf herbstliche 12 Lichtstunden heruntergeschraubt, um die Pflanzen in die Blütenbildung zu überführen. Um diese kontinuierliche intensive Beleuchtung aufrechtzuerhalten, werden spezielle Lampen und bestenfalls eine Zeitschaltuhr benötigt. Früher verließ man sich beim Wachstum auf Natriumdampf und bei der Blüte auf Metall-Halogen-Lampen, doch heute setzt man vermehrt auf LED-Technik, da ihr Betrieb günstiger ist und das Lichtspektrum für beide Phasen der Pflanze geeignet ist.
Klima
Zu guter Letzt bestimmt auch das Klima innerhalb eines Anbauschrankes, ob die Ernte ein großer Erfolg wird oder vorzeitig entsorgt werden kann. Hierbei spielen die Faktoren Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftbewegung die Hauptrollen: Ist es in der Box sehr heiß, feucht und die Luft steht still, ist Schimmel schon vorprogrammiert. Hohe Temperaturen sind oftmals gefährlicher als zu niedrige und stammen hauptsächlich von der Lampe. Aus diesem Grund muss in einer Box eine stetige Luftbewegung herrschen, welche durch Ab- und Zuluftöffnungen, sowie optional einem kleinen Umluft-Ventilator für genug Luftaustausch und Verwirbelung sorgt. Zudem bewegt sich nicht nur die Luft: die Pflanzen schwanken durch den Wind hin und her, was wiederum ihren Stamm und ihre Seitentriebe robuster werden lässt. Insbesondere junge Pflanzen profitieren von einer stetigen, sanften und indirekten Bewegung.
Erntezeit
Eine der häufigsten Fragen ist immer „Wann sollte man die Pflanzen ernten?“ Dafür gibt es grundsätzlich einige Merkmale, welche man beachten kann, doch „den einen“ perfekten Erntezeitpunkt gibt es nicht – denn statt richtig und falsch ist es auch hier Geschmackssache. Der wichtigste Faktor sind die Trichome, also die Harzkristalle der Pflanzen. Sie lassen sich mit einer stark vergrößernden Lupe oder unter dem Mikroskop gut erkennen und wandeln ihre Farbe von transparent im Laufe der Blütephase zu milchig-weiß und am Ende zu bernstein-braun. In der breiten Masse gilt die Regel, dass eine Pflanze dann geerntet werden sollte, wenn sie zur Hälfte milchige und zur Hälfte bernsteinfarbene Trichome aufweist.
Allerdings kann man die Farben auch auf andere Art interpretieren: je mehr milchige Trichome, desto mehr besitzt das Endprodukt eine psychische Wirkung. Und je dunkler die Trichome, desto sedierender und physisch spürbar ist die Wirkung. Das liegt daran, dass die braune Färbung durch die Umwandlung von THC zu CBN entsteht. CBN ist im Vergleich zu THC weniger psychoaktiv, aber es soll beruhigend wirken. Egal für welchen Reifegrad man sich letzten Endes entscheidet, müssen die geernteten Pflanzen danach für mindestens 10–14 Tage getrocknet werden, um konsumierbar zu sein.
Fazit: Wie rentabel ist der Eigenanbau
Nun stellt sich der ein oder andere natürlich die Frage: „Lohnt es sich für mich einen Eigenanbau zu betreiben?“ Und diese Frage lässt sich gut mit Gegenfragen beantworten:
Hat man das nötige Kleingeld für den Kauf und den Betrieb einer Growbox? Hat man ausreichend Wissen über Pflanzenaufzucht oder hat man Spaß daran, es sich anzueignen? Hat man die Zeit, sich um dieses Vorhaben mehrmals die Woche zu kümmern? Wenn man einige oder alle Fragen mit „Nein“ beantworten würde, so empfiehlt es sich auch nicht einen Eigenanbau in Erwägung zu ziehen, es wäre sonst reine Geld- und Zeitverschwendung.
Auch Menschen, die nur einen sehr geringen Bedarf haben, sich aber auch kein Straßengras mehr besorgen wollen, sind vermutlich in einem Cannabis Club besser aufgehoben. Schließlich muss man nur Mitglied sein und muss sich nicht zwangsläufig an der Gartenarbeit beteiligen.
Doch für Growing-Passionist:innen und Wissbegierige ist die Spielwiese ab dem nächsten Jahr eröffnet – solange man sich an die Vorgaben hält. Doch vielleicht steuern wir mit diesen ersten Schritten der Legalisierung auch in eine gänzlich neue und berauschende Zukunft mit Cannabis – Made in Germany!