Gras zum Eigenbedarf @home anzubauen war bis dato Sache von Weed-Nerds, die sich auch vom Verbot nicht haben abschrecken lassen. Das wird sich jedoch ändern, sobald drei Pflanzen legal sind. Wie aber baut man die als absoluter Neuling so an, dass man sich davon später auch ein paar leckere Joints rollen kann?
Der Anbau von Cannabis zum Eigenbedarf wird ab dem 1. April 2024 legal werden. Jede*r ab 18 darf dann drei Pflänzchen anbauen. Mit der Teil-Legalisierung kann auch Jede*r selbst entscheiden, ob die drei auf dem Fensterbrett, dem Balkon, „umfriedet“ im Garten oder auch im Schrank unter Kunstlicht stehen sollen.
Wie viel soll es denn werden?
Das Gesetz zum Anbau @home sieht vor, Erwachsenen die Deckung ihres eigenen Cannabiskonsums zu ermöglichen. Der wiederum ist individuell sehr unterschiedlich.
Wer alle drei Wochen einen Joint raucht, braucht nur ein paar Samen und Blumentöpfe, gute Erde, ein klein wenig Dünger sowie einen sonnigen Ort auf dem Balkon, im Garten oder auch auf dem Fensterbrett, um zukünftig das ganze Jahr fast umsonst kiffen zu können.
Wer sich fast jeden Abend einen baut, muss ein wenig mehr Aufwand betreiben, um sich ausschließlich an selbst ergärtnertem Weed zu erfreuen.
Doch mit dem neuen Recht auf Rausch kommen auch Pflichten auf designierte Hobbygärtner*innen zu: Gemäß § 10 CanG sind die Pflanzen und die Ernte vor dem Zugriff Dritter zu schützen. Dazu muss der Raum, wo das Cannabis wächst oder später lagert, bei Abwesenheit zugeschlossen werden. Ein Outdoor-Garten muss umfriedet, also sichtbar gegen unbefugtes Betreten umzäunt oder wenigstens eindeutig markiert sein.
Da die meisten Cannaseur*Innen. Wir können auch gerne „Kiffer*innen“ oder „Konsument*innen“ nehmen, aber ich beide Wörter sind so steif, dass es hier etwas Neues braucht.
Ich hatte auch mal vorgeschlagen, hier per Leservote o. Ä. ein neues Wort zu finden. Kiffer ist nach 50 Jahren so negativ besetzt, dass sich sehr viele Gelegenheitskonsumenten damit nicht identifizieren können. Nur gelegentlich kiffen, wird die einfachste Methode in Zukunft wohl auch die populärste werden.
Wie man Cannabis im Garten, dem Balkon oder am Fensterbrett anbaut:
Was Du dafür brauchst:
- 3–5 Samen
- 3–5 Torfquelltöpfe
- 3–5 kleine Anzuchttöpfe
- 3–5 große (11–16 Liter)
- Töpfe (schwarz)
- 1–1,5 Säcke (50–70) Liter Erde
- Ein wenig Bio-Dünger
- 1 Schere
- 1 Wäscheleine
- 1 Feinwaage
Mit Inkrafttreten des Gesetzes können Erwachsene im EU-Ausland oder in einem der zukünftigen Cannabis-Clubs, bis zu sieben Samen legal erwerben. Am einfachsten hierbei ist die Wahl eines 5er-Pakets feminisierter Samen. Nur die garantieren, anders als reguläres Saatgut, dass aus jedem Korn eine THC-haltige Hanfdame wird. Beim Kauf regulärer Samen wachsen durchschnittlich aus 50 % des Saatguts Männchen, die kein THC produzieren und deshalb nur für Cannabis-Züchter (Breeder) interessant sind.
Zum Keimen werden die Samen in einen Torfquelltopf gesteckt, an einen hellen Ort gestellt und ab zu mit Wasser besprüht. Ein Mini-Gewächshaus steigert die Überlebensquote. Wenn die Samen gekeimt sind und anfangen, neue Blätter auszubilden, kann man sie in kleine Töpfe, die mit Anzuchterde aus dem Blumenhandel gefüllt wurden, umtopfen.
Der optimale Zeitpunkt zum Keimen am Fensterbrett wäre Ende Februar-Mitte März. So sind sie beim Umpflanzen Anfang/ Mitte April schon stark genug, sich gegen Umwelteinflüsse wie Fraßfeinde oder Schimmel zu wehren. Außerdem erreichen die Pflanzen zur Erntezeit im Herbst nur so ihre maximale Größe.
Da das Gesetz im April in Kraft tritt, werden potenzielle Hobbygärtner*innen hier 2024 noch Kompromisse eingehen müssen. Um nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, muss die Keimung der Samen auf den frühsten, legalen Zeitpunkt verschoben werden.
Nachdem die Samen gekeimt sind, stellt man die maximal fünf Pflänzchen an einen möglichst sonnigen Fensterplatz und gießt sie mit klarem Wasser. Am besten eignet hier Regenwasser. Besonders zu hartes Leitungswasser kann die Nährstoffaufnahme und somit ein gesundes Wachstum verhindern.
Jetzt ist es an der Zeit, dem Fachhandel einen kurzen Besuch abzustatten. Hanf ist ein Starkzehrer und benötigt eine spezielle Nährstoff-Kombination. Wer zertifizierten Bio-Produkte bevorzugt, ist im Growshop am besten aufgehoben. Man bekommt das Basis-Sortiment zum Cannabis-Anbau aber mittlerweile auch in fast jedem Baumarkt.
Wer normale Gartenerde und Allzweck-Düngemittel oder auch gar keinen Dünger nutzen möchte, bekommt am Ende auch gutes Gras – aber eben viel weniger als mit dem hier beschriebenen, minimalen Aufwand möglich wäre. Denn 50–70 Liter Spezialerde, ein Spezialdünger für Cannabis und fünf schwarze Töpfe (11–20 Liter Volumen) kosten rund 60 € und haben einen ungleich höheren Effekt als diesen Wareneinsatz. Wem auch das zu umständlich ist, investiert hier ein paar Euro mehr in komplett vorgedüngte Erde.
Sobald die Wurzel den Boden der kleinen Anzuchttöpfe erreicht haben, kommen sie in die großen, schwarzen Töpfe. Die schwarze Farbe der Töpfe hilft, die Erde zu erwärmen, somit dem Wurzelwachstum. Sobald die Nachtfrostgefahr Mitte-Ende April gebannt ist, können die fünf auf dem geschützten Innenbereich auf den Balkon oder den umfriedeten Garten ziehen.
Fünf wachsende, aber nur drei blühende Pflanzen?
Wenn die Damen dann im Mai an ihrem endgültigen Standort stehen, brauchen sie bis zur Ernte nur noch viel Sonne, Wasser und ein paar Nährstoffe. Bis Ende Juli werden die Hanfdamen schnell in die Höhe schießen, ohne jedoch die begehrten Blüten auszubilden. Die werden, je nachdem für welche Sorte Ihr Euch entscheidet, frühestens Ende Juli, meist aber erst im Laufe des Augusts langsam sichtbar.
Sobald sich an der Verästlungen das erste, zarte Geschlechtsmerkmal zeigt, ist Obacht angesagt: Wer bis hierhin vier oder fünf statt drei Pflanzen keimen und hat wachsen lassen, muss spätestens jetzt ein bis zwei von ihnen töten. Denn ab jetzt gilt: Mehr als drei „blühende“ Cannabis-Pflanzen sind nicht erlaubt. Also wandern die beiden kleinsten mit dem Auftreten der ersten Blütenansätze schweren Herzens in den Häcksler – nur die drei schönsten dürfen bleiben.
Ab September geht alle Kraft in die Blüten, während das Längenwachstum abgeschlossen ist. Besonders am Fensterbrett und auf dem Balkon ist eine gute Durchlüftung jetzt sehr wichtig, weil die dicken Blüten in hiesigen Breitengraden im Herbst schnell mal schimmeln.
Vorsicht bei der Ernte!
Je nach Sorte könnt Ihr dann zwischen Ende September und Anfang November ernten. Sorten, die noch länger brauchen, sind wegen der Nachtfrostgefahr für nordeuropäische Gefilde ungeeignet. Wann eine Pflanze reif ist, erkennt man am besten mit einer Lupe – oder noch besser mit einem Taschenmikroskop: Die kleinen Harztröpfchen auf der Blüte, die bis jetzt durchsichtig waren, werden langsam milchig. Sobald circa 50 % milchig sind, ist es Zeit für die Ernte. Eine gröbere Orientierung ohne technische Hilfsmittel bietet die Färbung der kleinen Härchen auf den Buds. Je dunkler die werden, desto reifer ist die Pflanze. Ist über die Hälfte rotbraun, ist Erntezeit.
Eigentlich ist das schonende Trocknen Eurer Ernte vollkommen unkompliziert: Nach der Ernte werden die Pflanzen kopfüber an einem dunklen und trockenem Ort aufgehängt. Sobald die Stiele knack-trocken sind, werden die Blüten abgetrennt und kommen in nicht luftdichtes, gut belüftetes Gefäß. Dort werden bis zur vollständigen Trocknung einmal am Tag gewendet. Je nach Klima und Blütengröße dauert das zwischen zwei und vier Wochen.
Aber solch eine Ernte kann auch ein juristischer Eiertanz werden. Die sukzessive Ernte*, wie sie der Gesetzgeber im aktuellen Entwurf vorschlägt, ist bei Outdoor-Pflanzen nicht möglich, weil alle Pflanzen fast zum gleichen Zeitpunkt reif sind.
Die Alternative hieße alles erntefrisch einfrieren und in maximal 50 Gramm Portionen zum anschließenden Trocknen auftauen. Nur so kann wirklich gewährleistet werden, dass man nicht mehr als 50 g trockenes Weed aus eigenen Anbau besitzt. Auch ohne ertragssteigernde Techniken wie Triebteilung oder Ausgeizen ist es sehr wahrscheinlich, dass drei Pflanzen nach Ernte und Trocknung mehr als die erlaubten 50 Gramm wiegen. Wenn Ihr alle Tipps in den Wind schlagt und Eure drei Pflanzen vollkommen planlos züchtet, werdet Ihr nolens volens mit Euren Blüten wohl den legalen Rahmen sprengen. Leider gehen Einfrieren und der Trocknung nach dem Auftauen mit einem erheblichen Geschmacksverlust sowie einer sehr staubigen Konsistenz der Blüten einher. Bis der Gesetzgeber hier ein Einsehen hat, bleiben Ernte und Trocknung drei legaler Pflanzen eine juristisch heikle oder alternativ eine qualitätsmindernde Angelegenheit.
Stecklinge statt Samen?
Das Gesetz ermöglicht auch die Zucht und die Weitergabe von Stecklingen, also Ablegern von nicht blühenden Pflanzen. Der Vorteil der Zucht aus Stecklingen besteht besonders unter Kunstlicht in einer circa vierwöchigen Zeitersparnis. Allerdings können Stecklinge frühestens im Herbst 2024 und dann ausschließlich von Clubs verkauft oder relativ aufwendig selbst unter Kunstlicht gezüchtet werden. Die Zucht aus Samen auf Balkonien ist hier definitiv einfacher und unkomplizierter.
Alternative Autoflower?
Noch einfacher geht der Anbau mit feminisierten Auto-Flowering Samen. Bei den „Auto-Fems“ wurden durch das Einkreuzen von Ruderalis-Hanf Sorten gezüchtet, die nur 9–12 Wochen nach der Aussaat reif sind und insgesamt kleiner bleiben als herkömmliche Sorten. Die Kehrseite der Medaille ist ein eher flaches Aroma, geringere Erträge und ein niedrigerer Wirkstoffgehalt. Erinnern an schlechte Holland-Tomaten, die sich mit sonnengereiften Früchten messen müssen. Aber angesichts des Inkrafttretens vielleicht die einzige Option für 2024? Denn auch eine Aussaat im Juli reicht bei Auto-Fems für eine, wenn auch bescheidene, erste Ernte.
Und was ist mit Kunstlicht?
Wer nicht nur gelegentlich kifft, growt zur Deckung des eigenen Bedarfs unter Kunstlicht. Eine kleine Anlage für drei blühende Pflanzen bekommt man ab 500 €, hinzu kommen Stromkosten in Höhe von ungefähr 40–60 €/Monat. Die Gärtnerei mit LED-Lampen bedarf allerdings Fachwissen und Zeit, die nicht jede*r in Weed investieren möchte. Wer also seine legalen Pflanzen unter Kunstlicht anbauen möchte, sollte sich vorab ein Fachbuch zulegen und sich mit den Grundlagen des Indoor-Anbaus beschäftigen. Unter Kunstlicht ist es sogar möglich, jeden Monat nur eine von drei Pflanzen zu ernten, um die gesetzlich vorgeschriebene Höchstmenge von 50 g nicht zu überschreiten.
Andere Länder, die Cannabis entkriminalisiert haben, sind beim Eigenanbau viel liberaler: So darf man in Uruguay realistische 480 g aus sechs legalen Pflanzen lagern, in Britisch Columbia/ Kanada sind es 1000 g aus vier Pflanzen. Was also bleibt, ist viel Luft nach oben.
*Im Gesetz steht, man solle so ernten, dass man nie mehr als 50 g trockenes Gras zu Hause hat. Das ist aber eigentlich unmöglich.