Niemand sieht besonders gerne Schädlinge in seiner Anlage, weder im konventionellen, noch im biologischen Cannabisanbau. Doch wie im Falle eines Befalls mit Schädlingen umgegangen wird, unterscheidet den biologischen Cannabisanbau grundsätzlich vom konventionellen.
Der Griff zur Giftkeule und seine Folgen
Selbst wenn man alle Vorsichtsmaßnahmen ergriffen hat, um einen Schädlingsbefall vorzubeugen – die Plantage so dicht wie möglich ist, man jede gekaufte Pflanze nach Spuren absucht etc. – finden Schadinsekten leider doch sehr häufig einen Weg hinein. Im konventionellen Anbau wird dann schnell zur Chemiekeule gegriffen, die viele als effektivste und schnellste Möglichkeit sehen, um die Schädlinge wieder loszuwerden.
Dabei sollte man jedoch zweierlei wichtige Punkte bedenken:
Kein Mittel tötet 100 % aller Schädlinge. Die Überlebenden sind jedoch robuster, angepasster als ihre Elterngeneration. Man züchtet sich damit also selbst Super-Schädlinge.
Cannabis wird vor dem Konsum nicht gewaschen! Alles, was Sie auf die Blüten auftragen – auch Pestizide – führen Sie schließlich ihrer Lunge zu. Noch dazu sind Pestizide im Allgemeinen nicht darauf getestet, welche Gase entstehen, wenn sie verbrannt werden. Mit konventionellen Pestiziden behandeltes Cannabis birgt also ein akutes Gesundheitsrisiko!
Zum Glück gibt es jedoch zahlreiche Maßnahmen, die ergriffen werden können, um einen Befall wieder zu beseitigen, wenn er einmal aufgetreten ist. Auf prophylaktische Maßnahmen, wie das richtige Verhältnis von Temperatur und Luftfeuchtigkeit, Sauberkeit, Hygiene und Co, gehe ich aus Platzgründen an dieser Stelle nicht nochmals ein. Diese Punkte wurden in den vorangegangenen Beiträgen bereits häufig erwähnt. Außerdem finden Sie selbstverständlich alle Maßnahmen nochmals im Detail in meinem Buch „Bio-Grow“.
Mechanische Maßnahmen
Es gibt verschiedenste biomechanische Maßnahmen, die zwecks Schädlingsbekämpfung ergriffen werden können, bevor man irgendwelche anderen Mittel einsetzt – seien sie nun biologisch oder konventionell. Da jedwede aufgetragenen Mittel sich weder besonders positiv auf den Geschmack, noch auf die Lunge auswirken, sind diese jedenfalls als erste Maßnahmen vorzuziehen.
Zu diesen Maßnahmen zählen…
…das Auftragen von 1 bis 2 cm pH-neutralem Sand auf die Erde, um das Einnisten von Trauermücken zu verhindern.
…das Aufhängen von Klebefallen an den Lampenschirmen. Diese dienen nicht nur der Bekämpfung, sondern zunächst auch dem Erkennen eines Befalls. Gelbe Leimfallen funktionieren ohne Lockstoffe, die blauen Fallen locken gezielt Thripse an.
…das Entfernen alter, verdorrter Blätter, die als Nahrung, sowie als Unterschlupf für verschiedene Schädlinge dienen.
…das Ausschneiden der unteren Äste, ist meiner Erfahrung nach eine hervorragende Maßnahme, zur Schädlingsvermeidung. Ist ausreichend Luftzug zwischen den Pflanzen vorhanden, können sich Lästlinge nur schwer ausbreiten.
Nützlinge
In der freien Natur nehmen Schadinsekten nur selten überhand, da es genügend Fressfeinde gibt, die sie dezimieren. Diesem natürlichen Prinzip folgend, ist der Einsatz von Nützlingen auch in Cannabis-Plantagen möglich. Der Vorteil: Kein Schädling kann sich an diese Maßnahme anpassen!
Bevor Sie sich für den Einsatz von Nützlingen entscheiden: Bitte denken Sie daran, dass auch Nützlinge Insekten sind! Ausgebrachte Pestizide wirken sich natürlich auch auf die Nützlinge aus, wodurch ihr Einsatz in diesem Fall nutzlos wird. Außerdem braucht es meist einige Tage, je nach Nützlingsart sogar über eine Woche, bis sie wirksam werden. Aus diesem Grund sollten Sie immer frühzeitig bestellen, und nicht erst dann, wenn sich bereits eine Invasion an Schädlingen ausgebreitet hat.
Heute ist es sehr einfach, an Nützlinge zu gelangen. Übers Internet kann man bei unterschiedlichen Anbietern für jeden Schädling den richtigen Fressfeind finden. Ich empfehle unbedingt, solche Bestellungen am Wochenende oder Anfang der Woche aufzugeben, um ein Liegenbleiben der Nützlinge übers Wochenende in irgendeiner Postfiliale zu verhindern. Auch der Expressversand ist überlegenswert, da jeden Tag, den die Nützlinge mit der Post unterwegs sind, einige Tiere sterben.
Entfernen Sie die am schlimmsten befallenen Blätter jedenfalls vor dem Freilassen der Nützlinge. Wenn nötig, können Sie die Pflanzen auch zuvor mit Gallseife und anschließend mit Wasser reinigen. Tun Sie dies – der Luftfeuchtigkeit zuliebe – jedoch besser nicht in der Anlage, sondern außerhalb. Natürlich sollten Sie auch die befallenen und entfernten Blätter so bald als möglich aus der Plantage entfernen und nicht z. B. dort in einem Mülleimer belassen – die Schädlinge werden ansonsten wieder zurück auf die restlichen Pflanzen wandern.
Im Idealfall bringen Sie die Nützlinge noch am selben Tag, an dem sie eingetroffen sind, kurz vor dem Abschalten der Lampen aus, da sich die Nützlinge so besser an ihre neue Umgebung gewöhnen können. Ist ein baldiges Ausbringen aus einem Grund nicht möglich, lagern Sie die Nützlinge jedenfalls kühl und dunkel (z. B. im Kühlschrank), und nur so kurz wie nötig. Außerdem empfehle ich während dem Ausbringen Handschuhe zu tragen, da manche Nützlinge unangenehm beißen können, wenn sie sich bedroht fühlen.
Die häufigsten Schädlinge, sowie die für Hanfplantagen interessantesten Nützlinge finden Sie in meinem Buch „Bio-Grow“ ausführlich beschrieben.
Ätherische Öle
Das Arbeiten mit ätherischen Ölen in Anlehnung an die Aromatherapie hat sich als sehr hilfreich erwiesen. Dabei sollten die ätherischen Öle jedoch niemals direkt auf die Pflanzen aufgetragen, sondern nur mittels Luftbefeuchter, Duftlampe oder Ähnlichem ausgebracht werden (achten Sie zeitgleich jedoch auf die Luftfeuchtigkeit!). Besonders Thymian, Rosmarin, Lavendel und Anis sind zu empfehlen.
Biologische Schädlingsbekämpfungsmittel
Will man doch einmal zu „härteren“ Mitteln greifen, so gibt es auch in diesem Fall biologische Mittel, die jedenfalls der konventionellen Chemiekeule vorzuziehen sind.
Eines der bekanntesten Mittel ist das Neemöl, das mit dem Wirkstoff Azadirachtin arbeitet. Es wird von verschiedenen Herstellern angeboten und wirkt sowohl gegen Blattläuse und Spinnmilben, als auch gegen die meisten anderen Insekten. Angeblich passen sich die Schädlinge an dieses Mittel nicht an – dies entspricht jedoch nicht meiner Erfahrung. Wenn Sie sich also für dieses Mittel entscheiden, wechseln Sie zumindest nach jeder Anwendung den Hersteller.
Gegen Mehltau habe ich ein hervorragendes Mittel, das absolut biologisch ist, und das beinahe jeder zu Hause hat: Milch! Füllen Sie eine Spritzflasche im Verhältnis 1:10 Milch: Wasser und bespritzen Sie damit die Blätter (Vorsicht: Luftfeuchtigkeit!). Die Milchsäurebakterien vermehren sich und fressen den Mehltau. Wundern Sie sich jedoch nicht, über die weißen Schlieren, die auf den Blättern zurückbleiben.
Genauere Informationen, eine Übersicht über Schädlinge und Nützlinge etc. finden Sie in meinem Buch „Bio-Grow“, erschienen im Nachtschattenverlag. Dies ist die letzte Folge dieser Artikel-Serie zum Thema biologischer Cannabisanbau. Ich hoffe sehr, Sie haben die Lektüre genossen und konnten einiges daraus für sich mitnehmen.