Essbare Cannabisprodukte werden immer populärer. In den USA gelten die „Edibles“ als gesunde Alternative zum Rauchen. Gerade für den medizinischen Gebrauch ist die lange Wirkdauer hochinteressant. Auch unter deutschen Cannabisfreunden ist der Haschkeks schon lange ein Begriff. Zahlreiche Rezepte kursieren im Internet, meist für Haschbutter, Brownies oder Kakao. Trotzdem herrscht viel Unsicherheit darüber, wie man zuverlässig mit Cannabis kocht.
Oft funktionieren die Zubereitungen nicht wie gewünscht. Entweder es wirkt gar nicht, oder im Extremfall landet die Partygesellschaft mit Vergiftungserscheinungen im Krankenhaus, wie man leider gelegentlich in der Tagespresse lesen muss. Bei anderen wiederum wirkt es zuverlässig, das Warum, aber könnten sie nicht erklären.
Wenn man aber die Eigenschaften der Wirkstoffe versteht, wird Kochen und Backen mit Cannabis leicht beherrschbar. Wenn THC berauschend wirken soll, muss es immer decarboxyliert werden. Das THC in der Pflanze ist nämlich gar nicht wirksam, es hat eine saure Carboxylgruppe und wird deshalb THC-A genannt (A für „Acid“ = Säure). Egal, wie potent und hochprozentig eine Pflanze ist, ihr THC wirkt nicht, es muss erst die Carboxylgruppe verlieren, also decarboxyliert werden.
Das klingt jetzt furchtbar wissenschaftlich und widerspricht allen Rauscherfahrung, denn die Pflanzen wirken ja meist wunderbar. Decarboxylierung ist aber ein natürlicher Zerfallsprozess, der durch Erhitzen ganz massiv beschleunigt wird. Wer einen Joint raucht, der decarboxyliert gleichzeitig sein Cannabis, denn beim Rauchen entstehen Temperaturen von 400 bis 800° Celsius. Anstatt Decarboxylierung kann man daher auch von Aktivierung sprechen. Je höher die Temperatur, desto schneller wird das THC aktiviert.
Für Speisen soll die Aktivierung bei niedrigeren Temperaturen erfolgen, denn 160° Celsius verdampft der Wirkstoff und würde dann verloren gehen. Bei Koch- und Backtemperaturen von 100 bis 140° Celsius dauert die vollständige Aktivierung allerdings gut 40 bis 60 Minuten. Das erklärt die Unberechenbarkeit von Haschischgebäck, wenn das Cannabis vor dem Backen nicht in einem gesonderten Schritt fertig aktiviert wurde.
Kleineres Gebäck, wie Kekse oder Muffins, wären dann nicht lang genug im Ofen, während ein länger durchgebackenen Kuchen bei gleicher Wirkstoffmenge sehr viel stärker wirken kann. Ein bekanntes Rezept für Haschbutter, bei dem die Butter mit Pflanzenteilen und Wasser mindestens eine Stunde gekocht wird, erzeugt dagegen, wegen der langen Erhitzung, immer ein wirksames Produkt. Deshalb ist auch die Annahme weitverbreitet, Cannabis zum Essen müsse immer in Fett gelöst sein. Das stimmt aber so nicht. THC zum Essen muss nicht in Fett gelöst werden.
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Kann man Cannabis auch pur essen?
Hanfkraut – oder Haschisch – kann man auch pur essen, wenn das THC ausreichend aktiviert wurde. Der Wirkstoff ist zwar tatsächlich fettlöslich, das hat aber nichts mit der Wirksamkeit der Zubereitung zu tun. Es bietet sich nur praktischerweise an, THC in Fett zu lösen, wenn sich der Wirkstoff gleichmäßig im Trägermedium, etwa einem Kuchenteig, verteilen soll. Auch eignet sich jedes Speisefett bestens zum Aufbewahren. Die berühmte Haschbutter etwa ist tiefgekühlt nahezu ewig haltbar.
Man kann aber genauso gut das Kraut allein erhitzen und dann pur essen oder eine Mahlzeit damit würzen. Das empfiehlt sich sogar manchmal: Für den Anfang ist es mit purem, aktivierten Cannabis viel einfacher, die richtige Dosis zu finden. Die Portion kann direkt abgewogen und nach wenigen Versuchen für den persönlichen Bedarf angepasst werden. Wo ein Gelegenheitskonsument mit 0,1 bis 0,2 Gramm gut gelaunt und trotzdem noch zurechnungsfähig ein Festival genießen kann, gibt es Schmerzpatienten, die mehrere Gramm am Tag benötigen.
Außerdem birgt die klassische Zubereitungsform in Brownies und anderen wohlschmeckenden Süßigkeiten Risiken. Das verführt zu Überdosierung oder Unfällen, wenn Unwissende, im schlimmsten Fall Kinder, von dem leckeren Kuchen naschen. Viel seltener passiert es, dass ein Unwissender sich die Gewürzmühle mit dem Oregano einverleibt.
Cannabis essen sollte man lernen. Das Anfluten der Wirkung ist sehr subtil, es gibt kein überwältigendes Kribbeln, sondern ein reines High steigt von innen auf. Anfänger sollten Cannabis immer völlig nüchtern essen und dann auf die Wirkung warten. Wenn man währenddessen zusätzlich Cannabis raucht, kann man die Wirkung nicht unterscheiden, die psychedelische Klarheit wird vom gerauchten Cannabis überdeckt, der Rausch wird nicht mehr als besonders, sondern eher als unangenehm lang empfunden.
Decarboxylieren mit Rüdiger im Backofen
Wie aktiviert man das Kraut?
Egal, wie man es nun essen will, man sollte sein Cannabis vor dem Verarbeiten immer erst aktivieren. Pures Kraut kann man, leicht zerbröselt, in einer abgedeckten Schüssel bei 120 °C in den Backofen schieben. Nach einer Stunde sollten die Wirkstoffe vollständig aktiviert sein. Dabei riecht allerdings das ganze Haus sehr würzig und das Cannabis schmeckt hinterher sehr fade.
Decarboxylieren mit Rüdiger im Wasserbad (60 Minuten)
Eine andere Variante ist, das Material in einem verschraubten Einmachglas mindestens eine Stunde im kochenden Wasserbad zu erhitzen. Die aromatischen Terpene bleiben in den Blüten. Dann erfolgt die Aktivierung beim Kochen von Haschbutter, dazu wird das Pflanzenmaterial mit Butter und Wasser für mindestens eine Stunde gekocht und danach die Pflanzen ausgesiebt. Von der erkalteten Flüssigkeit kann die wirksame Butter abgeschöpft werden. Wenn auf diese Weise Verschnitt mit unbekanntem Wirkstoffgehalt ausgekocht wurde, muss man jedoch die Dosis durch Selbstversuche ermitteln. Es wäre schon gut zu wissen, ob eine Person eher einen Teelöffel oder mehrere Esslöffel voll Butter benötigt. Beim längeren Erhitzen von Butter sollte man immer mit zusätzlicher Verdünnung, oder mit Wasserbad arbeiten, da Butter schnell verbrennen kann, was zur Folge hätte, dass die ganze wertvolle Zubereitung verdirbt.
Übrigens: Die „abgedampften“ Reste aus einem Vaporizer sind in der Regel noch erstaunlich potent und immer vollständig aktiviert. Das gebräunte Material kann direkt so gegessen werden. 0,2 bis 0,3 Gramm können schon sehr überraschend wirken.