Das Wort Bhang stammt aus dem Sanskrit und bezeichnet im weiteren Sinne die Schnittreste von Hanf, sowie seine daraus hergestellten Zubereitungen. Im engeren Sinne ist Bhang ein aus Hanf hergestelltes Getränk aus Indien, dessen Verwendung mindestens 3000 Jahre zurückreicht. Es spielt eine wichtige Rolle im hinduistischen Glauben und wird zu Ehren der Gottheit Shiva konsumiert.
Shiva wird auch als der Herr des Bhang bezeichnet. An dieser Stelle lässt sich erahnen, wie tief dieses Getränk in die dortige religiöse und spirituelle Kultur verwurzelt ist. Man kann sich Bhang analog etwa so vorstellen, wie den Messwein in christlichen Kirchen. Etwa den gleichen Stellenwert hat Bhang im Hinduismus. Im Wesentlichen handelt es sich bei Bhang um ein Getränk aus verschiedenen Milchprodukten und Hanf. Verfeinert wird dieses Getränk mit einer Reihe an Gewürzen. Die genauen Zutaten können je nach Region etwas schwanken. Meist werden die gemahlenen Hanfblätter mit Milch und Ghee, einer ayurvedischen Butter, aufgekocht.
In den meisten Regionen werden Mangos, Ingwer und indische Gewürze zugesetzt. Erstaunlich an dieser Stelle ist, dass in der Regel nicht die Blütenknospen, sondern die Blätter verwendet werden. Daher ist der THC-Gehalt vergleichsweise niedrig. Doch die orale Aufnahme, die bekannt ist für ihre lange und starke Wirkung, welche sich aufgrund der Umwandlung des THC in das erheblich potentere 11-Hydroxy-THC ergibt, kann dieses Defizit ausgleichen. Die Intensität, mit der Bhang wirken kann, obwohl Blätter verwendet werden, wird gerade von Touristen häufig unterschätzt.
Verschiedene Sorten
Wie bereits erwähnt, gibt es zahlreiche Variationen von Bhang, die je nach Region etwas unterschiedlich sind. Man kann dies am besten vergleichen mit dem Bierbrauen in der westlichen Welt. Auch dort sind die Hauptzutaten im Wesentlichen die gleichen, doch die Art der Zubereitung gibt jeder Biersorte eine individuelle Note. So ist es auch bei Bhang. Die beiden häufigsten Sorten von Bhang, denen man bei einer Rundreise durch Indien sicherlich begegnen wird, sind Lassi und Thandai.
Der Hauptunterschied ist, dass in Lassi das gleichnamige Joghurt zugesetzt wird. Diese Zutat macht Bhang etwas dickflüssiger. Lassi ist ein traditionelles Joghurt, welches nicht nur aus Kuhmilch hergestellt wird, sondern oftmals auch Büffel- oder Ziegenmilch enthält. Diese Form von Bhang wird dementsprechend auch als Bhang-Lassi bezeichnet. Das Aroma von Bhang-Lassi wird oftmals auch als würziger beschrieben als jenes von Thandai.
Breitgefächerte Verwendung
Obwohl Cannabis in Indien ebenfalls illegal ist, ist sein Konsum, trotz des Risikos von Haftstrafen, weitverbreitet. Bhang stellt hier rechtlich eine gewisse Ausnahme dar. Der Konsum dieses Getränks ist in einigen Regionen erlaubt. Vor allem beim Holi-Festival ist Bhang ein traditionelles Getränk, welches dort etwa den gleichen Stellenwert hat wie Bier bei westlichen Festen. Das Holi-Festival wird auch als Frühlingsfest oder Fest der Farben bezeichnet. Je nach Region dauert es 2 bis 10 Tage. Beim Maha Shivatri, einem Fest zu Ehren der Gottheit Shiva, das zwischen Februar und März gefeiert wird, darf Bhang natürlich auch nicht fehlen. Eine wichtige Rolle spielt Bhang auch bei hinduistischen Mönchen. Diese verwenden dieses Getränk, um ihre Meditation zu verbessern und in tiefe bewusstseinserweiternde Trance-Zustände zu gelangen.
Oral eingenommene Zubereitungen von Cannabis, haben ein nicht zu verachtendes psychedelisches Potenzial. In der Vorstellung der hinduistischen Mönche erleichtert diese Wirkung den Zugang in die Welt der Götter. Bhang ist auch aus der traditionellen indischen Medizin nicht wegzudenken. Es ist ein wichtiger Bestandteil vieler ayurvedischer Präparate und ist in ayurvedischen Apotheken, primär in den nördlichen Bundesstaaten Indiens, zum Beispiel in Uttar Pradesh, legal erhältlich. Viele bezeichnen Bhang auch als eine der besten Arzneien überhaupt.
Bhang kommt bei einer ganzen Palette an Alltagsleiden zum Einsatz. Viele verwenden es zur Entspannung nach einem Arbeitstag, oder um besser einschlafen zu können. Es wird gegen Übelkeit und zur Appetitanregung genutzt. Auch die entzündungshemmende und schmerzstillende Wirkung von Hanf ist in der indischen Heilkunde bestens bekannt. So wird Bhang auch gegen Magen-Darm-Erkrankungen wie der Ruhr verwendet. Selbst gegen einen Sonnenstich oder auch gegen Sprachfehler kommt Bhang zum Einsatz. Man kann sich Bhang in der indischen Heilkunde etwa so vorstellen, wie Aspirin in der westlichen Medizin.
Weitere Zubereitungsformen
Bhang wird nicht nur als Getränk verkauft, sondern es existieren auch essbare Formen davon. Meist sind dies kleine Kügelchen oder Kekse. Bhang wird dabei zu einem Teig eingedickt, aus dem die entsprechenden Esswaren hergestellt werden können. Im Wesentlichen sind diese mit den bekannten Haschkeksen vergleichbar. Auch diese Formen von Bhang sind ein fester Bestandteil Indiens. In Varanasi, der heiligsten Stadt des Hinduismus, die sich im Norden des Landes befindet, ist es selbstverständlich, dass man auf Märkten am Straßenrand Bhang Kügelchen kaufen kann. Dies ist dort so selbstverständlich, als würde man bei uns Brot kaufen. Manche ziehen es vor, Bhang noch mit weiteren psychoaktiven Pflanzen zu verstärken.
Es gibt Berichte darüber, dass in indischen Tempeln Bhang angeboten wird, der mit Stechapfelsamen verstärkt wurde. Davon ist jedoch strikt abzuraten, da es sich beim Stechapfel um ein Nachtschattengewächs handelt. Dieses ist nicht nur psychoaktiv, sondern vor allem stark giftig. Aufgrund der stark schwankenden Wirkstoffverteilung ist eine Dosierung kaum möglich. Bhang in seiner ursprünglichen Form, ist aber ein wertvolles Arznei- und Genussmittel, welches aus dem Hinduismus im Grunde nicht wegzudenken ist.