Die Eibe ist eine heimische Zauberpflanze, deren ethnorituelle Relevanz in Europa viele Jahrtausende zurückverfolgt werden kann. Man kann sagen, dass die Eibe zu den ureuropäischen Schamanenpflanzen gehört, wobei sie für unsere nordischen Vorfahren – als der sogenannte Weltenbaum – sogar eine der heiligsten Pflanzen von allen gewesen ist. Daneben fasziniert die Eibe aber auch deshalb, weil sie ihre Wirkung auf das Bewusstsein allein schon dadurch entfaltet, indem man sich an heißen Sommertagen einfach zu ihren Füßen setzt.
Taxus baccata – Ein psychoaktives Zaubergewächs der Kelten
Vorsichtig dosiert eignet sich die Pflanze außerdem als Zutat für psychoaktive Räuchermischungen.
Hingegen muss vor einer innerlichen Anwendung oder vor dem Rauchen aufgrund der hohen Alkaloidkonzentration dringend gewarnt werden.
Eiben erweisen sich (…) als besonders gute Lehrmeister, denn sie ermöglichen auch Ungeübten einen leichten Zugang zu den Fraktalwelten. Wenn man in der Dämmerung oder in der Nacht ins Blattwerk hineinschaut und dabei die Augen ein wenig unscharf stellt, dann nimmt man plötzlich die einzelnen Eibennadeln wie auch den Himmel dahinter nicht mehr wahr. Die nahen und die fernen Zweige verschwimmen zu einem flirrenden Muster, und die Lichtpunkte zwischen den Nadeln erscheinen wie Sterne eines bislang unbekannten Kosmos.
ippe et al. 2001: 146f.
Synonyme der Eibe
Beereneibe, Europäische Eibe, Gemeine Eibe, Kantel-Baum, barma salla (nep.), Common Yew (engl.), Eihwaz (germ.), Eboros (kelt.), tasso (it.), tejo (span.)
Botanische Zuordnung
Gattung → Eiben (Taxus)
Familie → Eibengewächse (Taxaceae)
Aussehen
Die Eibe, die bei guten Bedingungen ein Alter von 2000 Jahren erreichen kann, ist eine immergrüne und harzlose Konifere mit weichen, flachen Nadeln und einer Wuchshöhe von bis zu 15 Metern. Die Nadeln sind von dunkelgrüner Farbe. An der Oberseite glänzen sie, unten sind sie matt. Die Rinde ist rotbraun und schuppig. Die zweihäusigen männlichen und weiblichen Blüten erscheinen im Zeitraum April bis Mai. Die hellroten Früchte hingegen bilden sich von August bis Oktober.
Vorkommen
Das Verbreitungsgebiet der Eibe reicht von Europa, Nordwestafrika bis nach Vorderasien. In Europa findet man natürliches Eibenvorkommen unter anderem in Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, Großbritannien sowie im südlichen Skandinavien. Meistens gedeiht die Pflanze an steilen Hängen und Felsen. In Deutschland wird die Eibe in Gärten, Parks sowie als mythologischer Totenbaum auch auf Friedhöfen angepflanzt.
Inhaltsstoffe
Taxus baccata enthält die Pseudo-Alkaloide Taxin A, B u. C, das Glykosid Taxicatin sowie Paclitaxel, Milosin, Ephedrin, Flavonoide u. a. Die teilweise sehr giftigen Wirkstoffe kommen in der gesamten Pflanze vor, außer im roten und fleischigen Samenmantel (Arillus). Die höchste Alkaloidkonzentration wurde mit 0,7 % bis 2 % in den Nadeln nachgewiesen. Zu beachten ist, dass männliche Eiben in der Regel über einen deutlich höheren Taxingehalt verfügen als weibliche.
Anzucht im eigenen Garten
Im eigenen Garten eignet sich die Eibe auf gleiche Weise als Einzel- oder als Heckenpflanze. Am einfachsten gelingt die Anzucht über Stecklinge oder gekaufte Jungpflanzen. Für die Stecklingsanzucht werden die im Hochsommer in einer Länge von etwa 10 cm geschnittenen Triebe einfach in die Erde gesetzt. Will man auf Nummer sichergehen, dass der Steckling auch tatsächlich Wurzeln ausbildet, wird er besser in ein Sand-Torf-Gemisch oder ein biologisches Wurzelsubstrat gesteckt.
Deutlich schwieriger gestaltet sich die Anzucht aus Samen, da diese, bevor sie keimen können, stratifiziert, sprich kältebehandelt werden müssen.
Dies dauert im Falle der Eiben mit bis zu 18 Monaten jedoch sehr lange. Doch zunächst müssen dafür die Früchte, sobald sie rot sind, gepflückt werden, woraufhin ihnen das Fruchtfleisch entfernt wird und die Samen entnommen werden können. Diese werden dann mit einem feuchten Substrat vermischt und zwischen 2 und 8 °C solange im Kühlschrank aufbewahrt, bis sich erste Wurzeln bilden. Dann erst kann ausgesät werden. Die Eibe eignet sich wunderbar als Schattenpflanze.
Ritueller Gebrauch
Für unsere nordischen Ahnen war die Eibe einer der heiligsten Bäume. Sie verehrten ihn neben der Esche spekulativ als den sagenumwobenen Weltenbaum (Yggdrasil), der die „Neun Welten“ vereint und als das vertikale Abbild kosmischer Bewusstseinsstrukturen verstanden werden kann. Egal, ob Germanen, Kelten oder Römer, überall wurde die Eibe als magisches Gewächs verstanden und mit den Thematiken Lebensfreude, Wiedergeburt und Tod assoziiert. Die Vorstellung, dass die Eibe eine natürliche Brücke zum Jenseits und das Tor zur Anderswelt darstellt, existiert übrigens bis in die Gegenwart. Nicht umsonst ist die Eibe eines der klassischen Friedhofsgewächse.
Überlieferungen entsprechend haben die keltischen Druiden ihre Sitzungen unter der Eibe sitzend abgehalten. Heute weiß man, dass die Eibe an heißen Tagen im Sommer geistbewegende Taxine ausdünstet, wodurch dann wiederum sehr leicht nachvollzogen werden kann, dass man sich damals für spirituelle Rituale oder zur Ratssitzung unter der Eibe traf.
Dass die Eibe darüber hinaus neben halluzinogenen Nachtschattengewächsen und Opium u. a., als psychoaktive Ingredienz damaliger Hexen- und Flugsalben Verwendung fand und entsprechend rituell genutzt wurde, kann ebenfalls spekuliert werden.
Allerdings sind nicht nur schöne Geschichten über die Eibe überliefert worden. Beispielsweise nahmen sich die Eburonen, eine germanisch-keltische Stammesgruppe, mit einem stark toxischen Eibenabsud das Leben, nachdem sie von den Römern überfallen und zur Sklaverei gezwungen werden sollten. Die Nutzung einer Eibe für menschliche Zwecke ist jedoch sehr viel älter als etwa das Germanen- oder Keltentum. Zur Herstellung von Pfeil und Bogen (Eibenholz) sowie als tödliches Pfeilgift lässt sich der Gebrauch der Eibe bis in die Steinzeit zurückverfolgen.
Medizinischer Gebrauch
Die traditionelle Volksmedizin kennt die europäische Eibe in erster Linie als wirksames Mittel gegen böse und schädliche Zauberei sowie als Antidot (Gegenmittel) bei Tollwut und Schlangenbissen, bei Wurmbefall, Mandelentzündungen, Menstruationsstörungen, Blasenleiden, Epilepsie, Diphtherie und Skorbut. Die berühmte pflanzenkundige Hildegard von Bingen empfahl inhalierten Eibenrauch zur Behandlung von Erkältungssymptomen wie Husten und Schnupfen.
In der Homöopathie werden Taxus-Präparate bei Gicht, Leberkrankungen sowie Rheuma empfohlen, während die moderne Schulmedizin das aus dem Taxin isolierte Paclitaxel als Zytostatika kennt und in Form einer Infusionslösung (Taxol®) zur Krebsbehandlung einsetzt.
Wirkung der Eibe
Die Eibe ist eine sehr mystische sowie zweifelsohne auch stark psychoaktive Zauberpflanze – im wahrsten Sinne ein „Reisebaum“, denn den Germanen und Kelten ebnete sie schließlich den Weg zu den „neun Welten“. Zu berücksichtigen ist jedoch in jedwedem Umgang mit dieser Pflanze, dass potenziell vielerlei Gefahren von ihr ausgehen können. Erbrechen, Krämpfe, Schwindel, Kreislaufschwäche sowie Bewusstlosigkeit sind typische Vergiftungssymptome. Von der Einnahme sowie dem Rauchen sollte also tunlichst abgesehen werden.
Die letale Dosis ist schnell erreicht und deshalb ist die Pflanze für psychonautische Innenreisen viel zu gefährlich, zumindest dann, wenn man vorhat, sie einzunehmen oder zu rauchen. Selbst erfahrene Psychonauten berichten über die Wirkung gerauchter Eibennadeln nichts Angenehmes, sondern von Zuständen der Desorientiertheit, Betäubung und indifferenter Verstimmung. Besser ist es also, die Verbindung zur Pflanze auf anderen Wegen zu suchen. Beispielsweise, in dem man die Nadeln verräuchert oder sich im Sommer zum Meditieren einfach mal unter sie setzt, so wie es damals die Druiden getan haben. Das reicht für gewöhnlich schon und der mächtige Eibengeist hinterlässt einen bleibenden Eindruck.
Die Eibe als psychoaktives Räucherwerk
Als wirkungsstarkes Räucherwerk, das unter anderem wunderbar dabei helfen kann, Altes loszulassen, sind Eibennadeln, -triebspitzen und -rindenstückchen besonders im Rahmen von Transformations- und Wandlungsritualen sowie zur Herstellung andersweltlicher Kontakte geeignet. Werden Eibennadeln in Innenräumen verräuchert, ist darauf zu achten, dass die Fenster geöffnet sind und ausreichend Frischluft hineinkommt. Mit welchen anderen Räucherstoffen die Eibe gemischt wird, hängt vom Zweck der Räucherung sowie den persönlichen Vorlieben ab.
Persönlich mische die Eibennadeln oder kleine Rindenstückchen gerne mit Sandelholz (Santalum album), Beifuß (Artemisia vulgaris), Wacholder (Juniperus communis), Fichtenharz (Picea spp.) oder Rosenblättern (Rosa spp.). Wirk- als auch aromaspezifisch harmonieren diese Räucherstoffe sehr gut miteinander. Denn während die Eibe dabei hilft, Grenzen zu überschreiten, wirkt das Sandelholz angstlösend, der Beifuß schützend, das Fichtenharz reinigend und die Rose verbindend. Eine tolle Räucherkomposition. Sehr interessant sind auch Räuchermischungen (keine Rauchmischungen!), die unter anderem etwas Eibe, Fliegenpilz (Amanita muscaria) und Mistel (Viscum album) enthalten.
Quellen, weiterführende Links und Literatur
Rippe, Olaf/Margret Madejski/Max Amann/Patricia Ochsner/Christian Rätsch
2001 Paracelsusmedizin – Altes Wissen in der Heilkunst von heute, Aarau: AT Verlag.