Den meisten Personen ist die Konifere Thuja occidentalis ausschließlich als blickdichte Heckenpflanze bekannt. Nur die wenigsten wissen, dass diese Pflanze, die vermutlich in jedem dritten Garten als Sichtschutz fungiert, in Europa auch von ethnobotanischer Relevanz ist, beispielsweise als rituelles Räucherwerk, Heilmittel oder als Symbol für Lebenskraft und die Sehnsucht nach dem ewigen Leben – daher auch der Trivialname Lebensbaum.
Botanische Zuordnung
Gattung → Lebensbäume (Thuja)
Familie → Zypressengewächse (Cupressaceae)
Volkstümliche Namen
Abendländische Thuja, Amerikanischer Lebensbaum, Friedhofsbaum, Gewöhnliche Thuja, Hecken-Thuja, Tree of Life (engl.)
Die etymologische Herkunft hat der Begriff Thuja im griechischen thyein (dt. opfern)!
Aussehen
Der immergrüne, schnell wachsende abendländische Lebensbaum wächst bis zu einer von 20 Metern heran und weist (unbeschnitten) einen kegelförmigen Wuchs auf. Die verzweigten Äste sind an der Unterseite hellgrün und oberseitig dunkelgrün gefärbt. Besonders charakteristisch sind die kleinen, schuppigen Blätter sowie die gestreifte Rinde von rotbrauner Farbe. Im Zeitraum April bis Mai trägt die gewöhnliche Thuja sowohl männliche als auch weibliche Zapfen mit einer Länge von jeweils ca. 8 bis 12 mm. Die männlichen Zapfen sind violett und länglich. Die weiblichen, samenhaltigen Zapfen hingegen sind von brauner Farbe.
Vorkommen
Ursprünglich stammt der abendländische Lebensbaum aus dem östlichen Nordamerika und ist dort, genau wie in Ostkanada, meistens in der unmittelbaren Nähe größerer Gewässer anzutreffen. In Deutschland wurde dieses Gewächs zur Bildung immergrüner Hecken eingeführt und ist besonders häufig in Gärten, auf Friedhöfen oder Parkanlagen zu finden.
Inhaltsstoffe
Das Holz, die Zweigspitzen sowie die Zapfen enthalten ein ätherisches Öl, das unter anderem aus Thujon und Campher zusammengesetzt ist. Weitere Inhaltsstoffe sind Flavonoide, Sesquiterpene und Polysaccharide.
Anzucht im Garten
Im eigenen Garten eignet sich der abendländische Lebensbaum Blickschutz bietende Hecke sowie als natürliche Eingrenzung. Eingepflanzt wird die Konifere am besten im frühen Herbst, da sie zu dieser Zeit am einfachsten Wurzeln bildet. Die Pflanze ist jedoch sehr robust und flexibel, weshalb sie theoretisch auch im Frühjahr eingepflanzt werden kann. Standortbedingungen für den Lebensbaum sind ein leichter bis sandiger Boden, Sonne oder Halbschatten und keine Staunässe. Der Boden darf nicht zu sauer sein.
Ideal ist ein pH-Wert zwischen 6 und 7. Werden mehrere Pflanzen nebeneinandergesetzt, etwa als Hecke, beträgt der Abstand zwischen den Pflanzen einen halben Meter. Gedüngt werden muss nur dann, wenn der Boden nicht ausreichend Nährstoffe zur Verfügung stellt. Wird die schnell wachsende Pflanze als Hecke gehalten, sollte sie zweimal jährlich auf eine beliebige Höhe zurückgeschnitten werden. Das erste Mal im Frühjahr, noch bevor der Austrieb erfolgt ist und das zweiten Mal Ende Juni.
Ritueller Gebrauch
Im alten Europa stand der abendländische Lebensbaum als Symbol für Lebenskraft. Gepflanzt wurde er bei der Geburt eines Kindes zur Hochzeit oder zur Einweihung eines neu erbauten Dorfes. Wuchs der Baum kräftig und stark, so galt dies immer als positives Zeichen.
Daneben fand das wohlriechende Holz der gewöhnlichen Thuja im Altertum auch als zeremonielle Opfergabe sowie als rituelles Räucherwerk Verwendung, beispielsweise zur energetischen Reinigung von Räumen, beim Praktizieren von Trauerarbeit sowie bei der Herstellung von Ahnenkontakt. Zum Räuchern ist allerdings nicht ausschließlich das Holz geeignet, sondern es können praktisch alle Pflanzenteile gebraucht werden. Als Friedhofsbaum symbolisiert der Baum bis heute die menschliche Sehnsucht nach dem ewigen Leben.
Medizinischer Gebrauch
In der traditionellen nordamerikanischen Volksheilkunde wurden das Öl oder die aufgebrühten Zweigspitzen beispielsweise zur Behandlung von Geschwüren, Gicht und Rheuma sowie als wirkstarkes Mittel gegen Syphilis, Würmer und Skorbut empfohlen. Stärker konzentrierte Dekokte wirken abortiv („abtreibend“) und dienten zur damaligen Zeit der Fruchtabtreibung. Heute wird das ätherische Öl vor allem zur äußerlichen Behandlung von Warzen eingesetzt. In der Homöopathie wird Thuja occidentalis in den Potenzen D6 bis D12 außerdem zur Behandlung von Blähungen, Geschlechtskrankheiten, Herpes und Rheumatismus empfohlen.
Wichtig: Prophylaktisch zur Abwendung gesundheitlicher Risiken sollte das ätherische Öl im Kontext einer medizinischen Anwendung immer nur äußerlich aufgetragen werden. Es kann zwar auch innerlich eingenommen werden, aber da Thujon in höherer Konzentration zu Hautirritationen oder zu starken Krämpfen führen kann, der Wirkstoffgehalt in Naturprodukten grundsätzlich starken Schwankungen unterliegt und sich ohne Fachkenntnis nur sehr schwer bestimmen lässt, sollte die innere Einnahme unbedingt nur in Absprache mit einem Mediziner erfolgen!
Wirkung
Das im abendländischen Lebensbaum enthaltende ätherische Öl wirkt adstringierend („zusammenziehend“), antiphlogistisch („entzündungshemmend“), antiseptisch („keimreduzierend“), diaphoretisch („schweißtreibend“), diuretisch („harntreibend“) sowie sekretomotorisch („schleimlösend“). Auf der energetischen Ebene wirken Räucherungen mit dieser Pflanze reinigend, stärkend und ausgleichend.
Nebenwirkungen
Symptome, die in Folge einer Überdosierung sehr wahrscheinlich auftreten, sind Übelkeit und Erbrechen, Blutdruckschwankungen, Muskelkrämpfe sowie bleibende Organschädigungen. Im schlimmsten Falle kommt es durch Lähmungen des Zentralnervensystems zu tödlichen Komplikationen.
Da Thujon auch über hautreizende Eigenschaften verfügt, kann es bei Berührung der Zweigspitzen außerdem passieren, dass sich die Haut rötet und zu jucken beginnt.
Über die Psychoaktivität von Thujon
Im abendländischen Lebensbaum wird das wasserunlösliche Monoterpen Thujon, auch Absinthol genannt, in zwei Formen gebildet, nämlich als α-Thujon sowie als β-Thujon. Dieses wirkt über eine Anbindung an den GABAA-Rezeptoren als leicht halluzinogenes Psychoaktivum, wobei die psychotropen Effekte in keiner Weise mit jenen der klassischen Psychedelika verglichen werden können. Thujon hat nämlich sein ganz eigenes Wirkprofil.
So haben Personen im Thujonrausch meist das Gefühl, dass ihre (meist schwach ausgeprägten) Halluzinationen in gewisser Weise planbar sind, denn sie sehen primär das, was sie sehen wollen oder das, woran sie gerade denken. Dabei scheint die psychoaktive Komponente des Thujon besonders dann ausgeprägt zu sein, wenn die Substanz mit Alkohol kombiniert wird, so wie es beim Absinth der Fall ist.
Ist der Lebensbaum zur Absinth-Herstellung geeignet?
Es ist zwar bekannt, dass Thujon – neben Alkohol – der zentrale psychoaktive Wirkstoff des berühmten Schweizer Absinths ist. Allerdings wird bei der Thujon-Herstellung nicht der Lebensbaum, sondern Wermut (Artimisia absinthium) verarbeitet, welcher ebenfalls Thujon enthält.
Eignet sich der Lebensbaum als berauschendes Psychoaktivum?
Nein. Ein gewöhnliches Psychoaktivum ist der Lebensbaum – trotz des enthaltenen Thujon – ganz sicher nicht und kann auch nicht als solches empfohlen werden, denn dafür ist die Einnahme viel zu unsicher und gefährlich.
Zubereitung des abendländischen Lebensbaumes
Am sichersten ist es, Thuja occidentalis als Räucherwerk zu gebrauchen. Von der inneren Einnahme wird abgeraten, es sei denn, sie geschieht im Rahmen einer homöopathischen Therapie, sprich, es werden nur minimalste Dosierungen eingenommen.
Räucherwerk
Zum Räuchern werden entweder das getrocknete Holz, die Zweigspitzen oder die Sprossen verwendet. Der Duft, der sich beim Räuchern entwickelt, hat lösende, kopföffnende sowie reinigende Wirkeigenschaften. Daneben hat der inhalierte Rauch medizinische Qualitäten, denn er hilft bei Schnupfen und lässt die Schleimhäute abschwellen. Das Aroma der verräucherten Thuja ist waldig, aber auch sehr ernst.
Hinweis: Nur bei geöffnetem Fenster räuchern!