In Deutschland leben Händler von Nutzhanfprodukten seit vielen Jahren stetig mit der Gefahr, unaufgeforderten Besuch von der Staatsmacht bekommen und ihre Warenbestände verlieren zu können. Obwohl Produkte aus nicht berauschend wirkenden Hanfpflanzen – wie Tees, Öle oder Kosmetika – sich nicht für einen „highteren“ Abend eigenen, wird hier häufig ein Exempel statuiert, das die betroffenen Geschäftsbetreiber gut und gerne vor das Existenzende stellt.
Auf Ermittlungsverfahren folgen Razzien und daraufhin sieht man sich einer eindeutigen Geschäftsbehinderung gegenüber, falls nicht gleich noch Haftstrafen angedroht werden. Kunden sind dazu irritiert und fallen unter Umständen sogar selbst ins Raster der übereifrigen Beamten, sodass sich diese fortan zurückhaltender verhalten. Dass hier jedoch tatsächlich keinerlei Gründe vorhanden sind, irgendwelche Vermutungen über den Missbrauch von Nutzhanf mit einem THC-Gehalt von unter 0,2 Prozent anzustellen, kann nun der Branchenverband der Cannabiswirtschaft mit neuen Daten untermauern. Es lohnt sich einfach nicht, irgendwelche Bemühungen anzustellen, um mit Faserhanf ein Rauscherlebnis zu ermöglichen.
Lebensfremd, unwirtschaftlich und praktisch ausgeschlossen
In einer Pressemitteilung des Branchenverbands Cannabiswirtschaft berichtet der Verein von einer neuen umfassenden Recherche, die unweigerlich aufzeigt, dass der Missbrauch von Nutzhanf zu Rauschzwecken in keiner Weise für irgendeine Person oder Gruppe von Nutzen wäre und daher auch keinen Sinn ergibt. Es sei praktisch ausgeschlossen, dass jemand auf die Idee käme, den Aufwand zu betreiben, um aus Faserhanf die nötigen Wirkstoffe zu extrahieren, damit ein spürbarer Rauscheffekt für Konsumenten ermöglicht werden könne.
Sicher war in der Vergangenheit zwar bereits, dass die Menge, die man zu rauchen hätte, nicht wirklich inhaliert werden könne, doch vor Gerichten standen mehrfach schon Hanfhändler stramm, denen vorgeworfen wurde, dass durch die Herstellung von Hanfgebäck ein gewisses Potenzial zum Missbrauch der Nutzhanfprodukte gegeben wäre. Dank der Recherche des Branchenverbands Cannabiswirtschaft wird nun eindeutig aufgezeigt, dass diese Vorwürfe nicht haltbar sind, da auch hier die Verwendung von Nutzhanf in keinem Verhältnis zu den zu erwartenden Ergebnissen steht.
Wollte man selbst ein Extrakt aus dem nicht berauschenden Hanf herstellen, wäre die 68-fache Menge an Rohmaterial vonnöten, als wenn man auf Cannabis vom Schwarzmarkt zurückgreifen würde. Wolle man Nutzhanf zwecks Gewinnung von THC einsetzen, stünde die aufwendige Weiterverarbeitung aufgrund des Zeit- und Kostenfaktors in keinem Verhältnis. Man könne die psychoaktive Wirkung von Nutzhanf mit dem berauschenden Potenzial von alkoholfreiem Bier vergleichen, so das Dokument des Branchenverbandes.
0,11 vs. 7,5 Gramm
Aktuell hat Schwarzmarkcannabis durchschnittlich einen THC-Gehalt von ungefähr 13 Prozent. Wolle man damit seinen Geist berauschen, benötigt man somit nur 0,11 Gramm für das Ausschöpfen von 15 Milligramm THC. Der Kostenfaktor wäre dafür bei 1,12€ anzusiedeln. Ein Joint würde innerhalb von einer bis drei Minuten gedreht und das gewünschte Ergebnis könnte erzielt werden. Würde man auf Nutzhanf mit einem THC-Gehalt von unter 0,2 Prozent zurückgreifen, würden alleine mindestens 75 Minuten für die Produktion von Gebäck verschwendet. Dies bei einem Kostenfaktor von 1,36€ bis zu 78,13€, um auf die Milligramm Menge von 15 mg THC zu gelangen. Mindestens 7,5 Gramm müssten im Vergleich zum Schwarzmarkmarihuana dafür eingesetzt werden.
“Kosten und Aufwand stehen in keinem Verhältnis zum Ertrag, zudem ist hochpotentes Cannabis auf dem Schwarzmarkt leicht verfügbar”, erklärt Marijn Roersch van der Hoogte, der Fachbereichskoordinator für Nutzhanf und Lebensmittel beim BvCW.
Aus diesem Grund fordert er auch mit seinem Branchenverband, dass die zahlreichen Anklagen gegen kleine und mittlere Unternehmen diesbezüglich nun eingestellt werden sollten. Das erstellte Dokument und die darin enthaltene Recherche gäben genügend Auskunft, dass die Unterstellungen gegen die Hanfhändler haltlos sind, die dann mit den Produkten handeln dürfen, wenn der Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen werden kann. Dieser Umstand sei nun bewiesen.
Nutzhanf sollte aus dem BtMG entfernt werden
Der Geschäftsführer des Branchenverbands Cannabiswirtschaft, Jürgen Neumeyer, fordert auch aus diesem Grund, dass man zwecks Entlastung der Justiz und zur Schaffung von mehr Rechtssicherheit Nutzhanf aus dem Betäubungsmittelgesetz entfernt. Bereits zuvor hatte der „Sachverständigenausschuss für Betäubungsmittel nach § 1 Abs. 2 BtMG und Neue-psychoaktive-Stoffe nach § 7 NpSG“ des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im letzten Jahr empfohlen, dass es für den Handel von Nutzhanf nicht mehr Voraussetzung sein sollte, dass dieser ausschließlich zu “gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken” erfolgen müsse.
Auch der Bundesgerichtshof hatte in einem Urteil deutlich gemacht, dass der Verkauf von Nutzhanf an Endkunden als „gewerblich“ einzustufen sei. Dennoch fänden in den letzten Jahren immer strengere Auslegungen des bestehenden Rechts durch Staatsanwaltschaften und lokale Behörden statt. Da nun jedoch dazu auch noch die Freigabe von berauschend wirkendem Cannabis zu Genusszwecken Erwachsener von der neuen Bundesregierung geplant ist, sei die Auslegung des Missbrauchsvorwurfs bei Nutzhanfhandel doppelt hinfällig. Die zahlreichen Anklagen gegen kleine und mittlere Unternehmen diesbezüglich gehörten nach Meinung des BvCW daher nun wirklich und möglichst schleunigst eingestellt, während Nutzhanf im BtMG nichts länger verloren hätte und aus diesem ein für alle Mal entfernt gehöre.
Free the Weed – und dessen Händler!