Spätestens seit der Vorstellung der möglichen Eckpunkte für die Legalisierung von Cannabis in Deutschland wird mit weiterer Spannung auf die künftigen Entwicklungen und tatsächlichen Umsetzungsvorgehen geblickt. Noch ist vieles ungeklärt, wie die Anforderungen für die Produktion im entstehenden Genussmittelsektor.
Überlegt wurde bislang ja schließlich, ob der gesamte Bedarf für den deutschen Markt unbedingt über hiesige Herstellung gedeckt werden müsse, um nicht gegen EU-Recht zu verstoßen. Dabei stellt sich dann selbstverständlich die Frage, in was für Anlagen das Cannabis wachsen darf und wo die benötigte Energie dafür herkommen soll. Sollte tatsächlich nur wie beim Medizinalhanfanbau innerhalb von gesicherten Gebäuden unter künstlichen Lichtquellen produziert werden dürfen, würde der Bedarf an Strom für die Umsetzung des Vorhabens schließlich gewaltig hoch sein.
400 Tonnen Cannabis pro Jahr
Wie die Unionsfraktion des Bundestages aktuell kritisiert, sei eine geschätzt notwendige Menge für den deutschen Markt von 400 Tonnen Cannabis im Jahr ein Ziel mit klimapolitischen Folgen. Sollte dieser Bedarf nur durch nationalen Indoor-Anbau gedeckt werden, wäre die Cannabislegalisierung aus Sicht der drogenpolitischen Sprecherin Simone Borchardt ein echter „Klimakiller“. In der „Welt am Sonntag“ gab sie diesbezüglich ein Statement dazu ab. Es wäre eine Passage aus dem offiziellen Eckpunktepapier gestrichen worden, die zuvor noch in einer vorab veröffentlichten Fassung enthalten gewesen sei und sich der Thematik annahm. Hier soll es geheißen haben, dass man sich über die ökologischen Auswirkungen der Indoor-Produktion bewusst wäre.
Grow-Räume wiesen aufgrund des Stromverbrauches und der damit verbundenen CO₂-Emission besonders „hohe Carbon Footprints“ auf. Der Anbau im Freien würde dagegen nur sehr niedrige CO₂-Fußabdrücke hinterlassen. Die Legalisierung könne daher die Nachfrage nach Strom erhöhen, hieß es noch dazu. Diese Erkenntnisse sollen jetzt nicht mehr vorhanden, sondern nur durch die Aussage ausgetauscht worden sein, die einzig von einer „Beachtung der Nachhaltigkeitsziele der Bundesregierung“ spricht. Dazu müssten geeignete Kriterien für die Produktion entwickelt werden.
Freilandhanf ja oder nein?
Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband sieht in der Produktion von Cannabis den Freilandanbau als entscheidenden Schlüssel für eine klimafreundliche Herangehensweise und fordert daher diese Option in der „Welt am Sonntag“. Er denkt dazu, dass die aktuellen Energiepreise dafür sorgen werden, dass man diesen Weg einschlagen wird. Paroli gibt es aber direkt von der auf das Cannabisthema spezialisierten SPD-Berichterstatterin Carmen Wegge, die sich zwar über die energieintensiven Eigenschaften des Indoor-Anbaus bewusst ist, doch keinen Weg hin zum Anbau im Freien sieht.
Der Freilandanbau entspräche nach aktuellen Erkenntnissen nicht den Standards, die man in der SPD-Fraktion im Sinne des Gesundheitsschutzes anstrebe, so Wegge. Es wäre dagegen sinnvoll, wenn zukünftig eine „ressourcenschonende und klimafreundliche Energiegewinnung über Solaranlagen“ stattfände und die Lizenzvergabe für Produzenten an eine derartige Stromgewinnung geknüpft würde. Der private Eigenanbau könne dazu zu einer Senkung des Bedarfs im Energiesektor führen.
Alternativlos: Eigenanbau und CSCs
Bezüglich des Eigenanbaus in Privathaushalten, Gärten und Balkonen sieht auch der drogenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Ates Gürpinar, viel Potenzial. „Damit der Cannabis-Anbau sich weniger am Profit orientiert und klimafreundlicher wird, sollte die Ampel mehr als nur drei Pflanzen pro Person für den Eigenanbau ermöglichen“, so der Politiker in der „Welt am Sonntag“. Er erkenne dazu die Installation von „Cannabis Social Clubs“ (CSC) als besonders wichtig an. Die kleinen Vereine könnten dazu beitragen, dass durch den organisierten und kollektiven Anbau von Cannabis in limitierten Mengen der persönliche Bedarf aller Mitglieder gedeckt werden könne.
Die kommerzielle Produktion von Cannabis in sonnenbeschienenen Gewächshäusern sollte in jedem der möglichen Fälle aber vielleicht ebenfalls noch einmal angesprochen werden dürfen.