Ein wichtiges Argument für die jüngst erfolgte Cannabisfreigabe in Deutschland lautet mehr Prävention und besserer Schutz von Teenagern, was bei Projekten zur Aufklärung über Hanf und seine Wirkstoffe jetzt auch an den Schulen Thema ist.
Jahrelange Verbote und Strafverfolgung haben ihre Spuren hinterlassen, zu einem massiven Anstieg beim THC-Konsum unter Minderjährigen geführt und so ziemlich exakt das Gegenteil von Jugendschutz erreicht. Laut Forschung kann das am Ende nur eine faire Legalisierung korrigieren, die Risiken und Gefahren durch Cannabis klar benennt und informiert statt droht – ab sofort laufen etwa in Hessen die ersten Projekte an.
„Kiffen, bis der Arzt kommt?“
Diesen Titel trägt das Projekt zur besseren Prävention, doch die hessische Landesärztekammer möchte durch eine solch drastisch aufgemachte Frage Cannabis keineswegs wie früher üblich wieder nur als sündiges Teufelszeug mit der Lizenz zu Sucht und Psychose verkaufen. Schüler und Schülerinnen der 8. bis 10. Klasse würden die üblichen Schauermärchen ohnehin kaum noch glauben, schließlich haben die meisten bereits Erfahrung mit Gras rauchen oder dem Essen von Hasch-Keksen. Erlaubt oder auch nur geduldet wird THC für Kinder und Jugendliche unter dem neuen Cannabisgesetz natürlich nicht, wohl aber wissenschaftlicher darüber aufgeklärt.
Und das ist auch dringend nötig, da jener seit Jahren steigende Konsum unter Heranwachsenden mit Verharmlosung durch Unkenntnis zu tun hat. Kein Befürworter von Hanfpflanzen erklärt deren berauschende Inhaltsstoffe für garantiert immer und überall unbedenklich. Verharmlost respektive verzerrt und ganz logisch irgendwann nicht mehr weiter reflektiert wird Cannabis vielmehr durch jede Menge absurde Fake News über THC, deren gezielte Verbreitung junge wie ältere Menschen im Land mittlerweile leicht durchschauen.
Jugendliche haben vielleicht Erfahrung, aber kaum echtes Wissen zum Cannabis und unterschätzen potenzielle Risiken – ein echtes Problem und mit den herkömmlichen Mitteln einer Art „Gefährderansprache“ eben mehr begünstigt als bekämpft. Damit gerade Minderjährige seltener kiffen, bis der Arzt kommt, kommt der jetzt direkt ins Klassenzimmer und klärt auf. Keine Polizei, keine Ex-Junkies und auch kein Pfarrer oder sonstige Religionsgelehrte halten Vorträge, sondern echte, medizinische Fachleute. Premiere feierte das Präventionsprojekt neulich mit einer 9. Klasse an der Wöhler-Schule in Frankfurt am Main.
CDU-Kultusminister sieht bei Cannabis gleichzeitig tolle und falsche Signale
Armin Schwarz von der Union ist hessischer Minister für Bildung und spricht über ein „tolles Signal“ durch die Aktionen der Landesärztekammer, während er im nächsten Satz wiederum die Legalisierung von Cannabis als „völlig falsches Signal“ bezeichnet. Entweder ist sein Wortschatz sehr klein oder Signal ist seine Lieblingsphrase, aber auf jeden Fall scheint Herr Schwarz zu vergessen, dass nur diese ungeliebte Hanf-Legalisierung jetzt zu einer besseren Aufklärung an den Schulen führt.
Das Bundesland jedenfalls hat bereits ein ähnliches Programm zum Alkohol, unter der Bezeichnung „Hackedicht“ ebenfalls mit klingendem Namen. In der Klasse zeigen die Mediziner anhand von Powerpoint-Präsentationen und Arbeitsblättern, kurzen Filmen und einem Quiz, was bei THC wichtig ist und wo konkrete Risiken durch einen Konsum in sehr jungen Jahren lauern. Außerdem hat die Landesärztekammer Hessen zum Cannabis stets eine sogenannte „Suchtbrille“ dabei, mit der sich entsprechende Sinneswahrnehmungen unter Einfluss von „Drogen“ nachempfinden lassen.
Eigentlich handelt es sich bei Wirkung und Effekt der Cannabinoide um eine biochemisch faszinierende Angelegenheit im Organismus, was durch VR-Brillen plastisch darstellbar wird und man müsste solche Technologie vielleicht nicht unbedingt wieder mit Worten wie „Sucht“ verknüpfen. Auch deutschen Teenies sind Oculus Rift und Konsorten bekannt und hoffentlich betrachten Kids der 9. Klasse bürokratische, etwas groteske Termini mit einem Schuss Ironie, schließlich läuft die Präventionsmaßnahme ansonsten lobenswert sachlich und ausgewogen.
Ein faires Gespräch über Hanfprodukte mit jungen Leuten
Psychologen und Ärzten sind die Risiken bestens bekannt und natürlich auch die Verwerfungen, zu denen aufklärende Experten Auskunft geben. Rund ein Drittel der Jugendliche habe Erfahrungen mit Cannabis und wenn das zum ungesunden Dauerzustand mit den stärksten Gras-Sorten voller THC wird, kann es meistens im Zusammenspiel mit Vorerkrankungen tatsächlich mal zu einer Psychose kommen. Doch Hessen verzichtet auf den moralischen Zeigefinger, möchte über Hanf endlich mehr reden und auf Fragen der Schüler versiert Auskunft geben – das Bundesland geht voran und möchte per Evaluation die eigene Cannabis-Aufklärung auch stetig weiter verbessern.