Obwohl Cannabis beziehungsweise Hanf seit Jahrtausenden von Menschen für den medizinischen oder rituellen Einsatz genutzt wird, war es lange Zeit nicht erforscht, warum die Pflanze ihre Wirkung entfaltet. Erst Anfang der Vierzigerjahre des letzten 20. Jahrhunderts wurde zum ersten Mal von Chemikern der Universität in Illinois aus einem Pflanzenextrakt das bislang unbekannte Cannabinoid Cannabidiol extrahiert. Über den Stoff, der heutzutage einen gewissen Hype erlebt, konnten die Forscher aber nicht wirklich viel Richtiges in ihrem 1940 veröffentlichten Bericht aufzeigen. Sie schlossen beispielsweise aus, dass das abgekürzt CBD bezeichnete Cannabinoid eine Wirkung im menschlichen Körper auslöst, bezeichneten das Molekül aber zeitgleich als einen giftigen Stoff. Aufgrund später stattfindender Untersuchungen und einem gewachsenen Erfahrungshorizont weiß man mittlerweile, dass CBD natürlich eine Wirkung nach Gebrauch aufzeigt und gerade medizinisch bei unterschiedlichen Krankheitssymptomen eingesetzt werden kann, ohne dass es berauschend wirkt.
Ein Hauptbestandteil von Cannabis
Dank der Arbeit von Pionieren wie dem als Großvater des Tetrahydrocannabinols (THC) bezeichneten Chemikers der Hebräischen Universität in Jerusalem, Raphael Mechoulam, kennt man heute einige bedeutende Eigenschaften der Cannabispflanze. Erst zwanzig Jahre nach der Veröffentlichung des Artikels der Chemiker aus Illinois konnte seitens Mechoulam im Jahr 1963 erstmals die genaue Molekülstruktur von CBD festgelegt werden. Ein Jahr später gelang ihm dies auch bei dem psychoaktiven Cannabinoid THC, das von seinem Team zum ersten Mal isoliert werden konnte. Sogar die Synthetisierung beider Stoffe gelang den Wissenschaftlern aus Jerusalem.
So wurde der Weg für die weitere Erforschung von Cannabis und seinen Bestandteilen geebnet, was dazu führte, dass man heute wesentlich mehr über den Aufbau und die Wirkungsweisen der Pflanze zu berichten weiß. Beispielsweise ist mittlerweile bekannt, dass CBD einen Hauptteil der chemischen Bestandteile der Pflanze ausmacht und im Verhältnis zum Rest der vorhandenen Bestandteile – hauptsächlich THC – in Pflanzenextrakten mit einem Gehalt von circa 40 Prozent vorhanden ist. Nach diesen Entdeckungen wurde es möglich, an den Cannabinoiden fachgerecht zu forschen und herauszufinden, für welchen Einsatz sie geeignet sind.
Brasilianische Entdeckungen
Zehn Jahre nach der Festlegung der Molekülstruktur von CBD berichtete ein Team von Forschen aus Brasilien darüber, dass Cannabidiol in Tierversuchen eine bemerkenswerte Wirkung bezüglich Epilepsie aufzeigte. Im Jahr 1973 gaben sie bekannt, dass die durch die Krankheit hervorgerufenen Krämpfe mittels des Einsatzes verringert oder gar gleich ganz verhindert werden konnten. Dieser Effekt von CBD wurde dann Ende der Siebzigerjahre selbst beim Menschen nachgewiesen, aber noch nicht als komplett eindeutig wertbar angesehen werden. Auf die Eindämmung epileptischer Symptome folgten Untersuchungen betreffend sozialer Angststörungen, in denen herausgefunden wurde, dass Cannabidiol offensichtlich angstlösende Eigenschaften besitzt und auch hier die Symptome der Krankheit abmildert.
Auch wurde schon etwas vorher die Reduzierung von Nebenwirkungen von Chemotherapien bemerkt, da Patienten weniger unter der oft damit einhergehenden Übelkeit litten. Dass mittels CBD bei Schlafstörungen die Lebensqualität der darunter leidenden Menschen verbessert werden kann, wurde ungefähr zeitgleich herausgefunden, nachdem man dem nicht berauschend wirkenden Cannabinoid aufgrund zuvor stattfindender Tierversuche eine leicht sedierende Wirkung nachsagen konnte.
Weitere wichtige Entdeckungen trotz verringerten Interesses
In den Achtzigerjahren ging das Interesse an Cannabidiol trotz eines vorherigen Forschungshochs ein wenig zurück, was jedoch nicht bedeutete, dass weitere Einsatzgebiete und neue Erkenntnisse über das Cannabinoid entdeckt wurden. Im brasilianischen São Paulo ging man mit Unterstützung von Raphael Mechoulam der Wirkung gegen Krämpfe aufgrund von Epilepsie auf den Grund und konnte als eine der ersten Untersuchung die Effizienz des Wirkstoffs untermauern.
Dabei setzte man auf Heranwachsende, die unter den Folgen der Erkrankung litten, aber aufgrund des Einsatzes eine Verbesserung ihrer Situation erfuhren. Beispielsweise sorgte knapp dreißig Jahre später der Fall der Charlotte Figi für große Aufmerksamkeit, da dem unter den furchtbaren Auswirkungen des Dravet-Syndrom leidenden Mädchens die größte Hilfe mittels extra gezüchteten CBD-Cannabis geboten werden konnte. Ihr Fall änderte viel bezüglich der Wahrnehmung in der Öffentlichkeit betreffend des Einsatzes von CBD gegen derartige Krankheiten. Doch wurde bereits noch in den frühen Achtzigerjahren einiges mehr über die Wirkung von Cannabidiol auch bei psychischen Erkrankungen herausgefunden.
Antipsychotische Wirkungen und das Endocannabinoidsystem
1982 wurde in einer Studie erstmals darüber berichtet, dass CBD bei Menschen mit psychischen Störungen wie einer gestörten Wahrnehmung, Depersonalisation oder der Abneigung, mit Menschen zu kommunizieren, eine Verbesserung verursacht. Doch es sollte bis ins Jahr 1995 dauern, bis CBD offen den Patienten verabreicht wurde, wo aber dann auch in klinischen Studien nachgewiesen werden konnte, dass es den Menschen dank des Einsatzes von Cannabidiol wesentlich besser ging. Dass man im Jahr 1988 begann, das medizinische Potenzial von Cannabis insgesamt wieder ernster zu nehmen, ist unter anderem jedoch darauf zurückzuführen, dass das Endocannabinoidsystem im menschlichen Körper entdeckt wurde. Dieser Teil des Nervensystems umfasst unter anderem die Cannabinoidrezeptoren CB1 und CB2 und erklärt, warum Cannabis im Gehirn seine Wirkung entfaltet. Beide Cannabinoidrezeptoren modulieren die verschiedenen Ionenkanäle und beeinflussen verschiedene Signalwege innerhalb der Zellen. Diese Entdeckung führte dazu, dass in den verschiedensten medizinischen Fachbereichen neue Studien durchgeführt wurden, deren Ergebnisse dann in den folgenden Jahren veröffentlicht worden sind.
Die Jahrtausendwende und das CBD
In Nordamerika wurde seitens Wissenschaftlern des National Institute of Mental Health herausgefunden, dass CBD auch eine antioxidative Wirkung besitzt und als wirksames Antioxidationsmittel bezeichnet werden kann. Antioxidantien schützen die Zellen, weshalb überprüft wurde, inwieweit eine neuroprotektive Wirkung durch CBD entfaltet werden kann. Bei Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson könnten die chemischen Stoffe aus Cannabis schließlich dafür sorgen, dass die neuronale Degeneration gehemmt wird. All diese Entwicklungen auf dem medizinischen Sektor haben letztlich dafür gesorgt, dass sich die Betrachtung von Cannabis insgesamt maßgebend veränderte.
In den USA wurde in den Bundesstaaten Alaska, Oregon und Washington dank Wahlen der Weg für die Legalisierung von Medizinalhanf freigemacht und 1998 erhielt der erste Pharmakonzern die Lizenz zur Herstellung des auf Cannabis basierenden Medikamentes Sativex. Das von GW Pharmaceuticals produzierte Spray Sativex wird seitdem unter anderem für die Behandlung von Schmerzen und Spasmen bei Patienten mit Multipler Sklerose eingesetzt und enthält zu gleichen Anteilen die beiden Cannabinoide THC und CBD.
Mehr Forschung und mehr Ergebnisse ab dem Jahr 2000
Seit dieser Zeit hat sich die Forschung etwas verstärkt auf CBD und Marihuana allgemein konzentriert und durch viele Untersuchungen wie Studien immer mehr positive Eigenschaften der Cannabinoide gefunden. So wurde beispielsweise bei Tieren die entzündungshemmende und beruhigende Wirkung in klinischen Studien festgehalten und auch die Art und Weise, wie CBD die Zellen des Immunsystems beeinflusst. Es wurde aufgezeigt, dass CBD zum einen die Ausbreitung von rheumatischer Arthritis verringern kann. Essenziell war dann die Entdeckung, dass das nicht berauschende Cannabinoid aufgrund seiner immunsuppressiven und entzündungshemmenden Eigenschaften gegen die Entwicklung von Tumoren etwas auszurichten in der Lage ist. Dies geschieht offensichtlich durch die Regulierung der Präsenz dafür verantwortlicher Moleküle.
In weiteren Versuchen wurde dann auch bewiesen, dass durch Nervenkrankheiten hervorgerufene chronische Schmerzen bei Nagetieren mit einer CBD-Behandlung gelindert werden können. Obwohl es zu dieser Zeit teils noch immer nicht ganz einfach gewesen ist, Untersuchungen mit Cannabinoiden durchzuführen, wurden ab dem Jahrtausendwechsel immer mehr Studien durchgeführt, die die Wirksamkeit von CBD bei den verschiedensten Leiden beweisen konnten. Bei Krankheiten wie Epilepsie, Angststörung, Schizophrenie, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs konnte man Erkenntnisse darüber gewinnen, dass das Cannabinoid für den medizinischen Einsatz geeignet ist. 2011 konnte in Kalifornien bewiesen werden, dass gerade von Krebs befallene Zellen durch CBD daran gehemmt werden, Metastasen auszubilden. 2012 wurde in Deutschland dagegen festgestellt, dass sich die psychotischen Symptome bei Patienten mit einer Schizophrenie verringern lassen.
Die aktuelle rechtliche Situation
Da mittlerweile so viele Anwendungsgebiete für CBD bekannt sind, hat sich in der Vergangenheit ein großer Markt für CBD-haltige Produkte entwickelt. Diese reichen über Salben und Cremes hin zu Ölen, Getränken, Tierfutter und sogar unverarbeiteten Hanfknospen. Die rechtliche Lage diesbezüglich ist jedoch kompliziert, da nach Gesetz ein Missbrauch zu Rauschzwecken immer ausgeschlossen sein muss. Während Massageöle oder Cremes kaum für den Verzehr geeignet sind, sieht das bei anderen CBD-Waren nach gerichtlichen Beschlüssen leider etwas anders aus. Schon häufig wurden Händler, Produzenten oder Geschäfte in Deutschland von der Staatsmacht besucht und ihre Waren beschlagnahmt. Während es in Verhandlungen dann teils Freisprüche gab, wurden andere Beteiligte wegen des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln – oder der Beihilfe dazu – verurteilt. In der Regel gilt in vielen Ländern Europas, dass Produkte, die einen THC-Wert von bis zu 0,2 Prozent nicht überschreiten, als legal betrachtet werden können, während es in einigen Staaten komplett verboten ist.
In der Schweiz liegt der gesetzlich erlaubte THC-Wert sogar bei 1,0 Prozent. Doch müssen als Nahrungsergänzungsmittel deklarierte Produkte zuvor in jedem Fall von der jeweiligen Lebensmittelbehörde überprüft und als sogenanntes Novel Food freigegeben werden. Bei den unverarbeiteten Knospen, die ähnlich wie Hanftee an Endkonsumenten verkauft werden, hatte erst im Jahr 2021 der Bundesgerichtshof entschieden, dass dieser Verkauf legal sein könnte, doch wurde im Juni die Meinung eines Staatsanwaltes akzeptiert, der dies ein wenig anders sah. Hier wurde angeführt, dass beim Backen großer Mengen CBD-Blüten der Missbrauch zu Rauschzwecken ermöglicht wäre.
Spätestens mit der Umsetzung der angepeilten Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken erwachsener Bewohner in Deutschland sollte sich somit auch die Lage betreffend CBD und seiner Verkehrsfähigkeit hoffentlich auch hierzulande zum Guten wenden können.