Wenn ein lebender Organismus eine chemische Verbindung selbst synthetisiert, bezeichnen wir das als Biosynthese. Diese biochemischen Reaktionen unterscheiden sich in einem entscheidenden Punkt von denen, die in Reagenzgläsern durchgeführt werden, da biologische Organismen über eine Vielzahl von Systemen verfügen, um auch teilweise energetisch ungünstige Prozesse ablaufen zu lassen, einschließlich Enzym-Katalysatoren und Energieumwandlungen in Form von Adenosintriphosphat (ATP).
Chemiker ahmen diese Prozesse nach, indem sie ihren Reaktionsabläufen Wärme, mechanische Bewegung, Metallkatalysatoren oder Energie in anderer Form hinzufügen, aber verglichen mit der Schönheit und Effizienz der biochemischen Prozesse in der Natur, sind die Versuche, dies im Labor nachzustellen, wenig bemerkenswert.
Die Blätter sind der Motor für die Entstehung der Cannabinoide
Die Biosynthese von Cannabinoiden findet in den Pflanzenzellen der Blätter statt. Der Aufbau der komplexen Moleküle von Cannabinoiden und Terpenen in Cannabis ist mit einem hohen Energieaufwand verbunden, und die Blätter einer Pflanze liefern hierfür die notwendige Energie. Auch sind Cannabinoide groß und sperrig. THC zum Beispiel beinhaltet schon 21 Kohlenstoffatome. Den Kohlenstoff entnimmt die Pflanze dem Kohlendioxid (CO₂) der Luft über ihre Blätter, wo ein Teil via Fotosynthese zu Sauerstoff (O₂) umgewandelt wird und andere zu einfachen organischen Verbindungen verstoffwechselt werden.
Cannabinoide und Terpene haben die gleichen Vorfahren
Interessanterweise ist die Biosynthese der Cannabinoide ein Zweig der Biosynthese der Terpenoide, da die beiden Stoffgruppen die gleichen Vorläufermoleküle haben und sich manche chemischen Prozesse teilen. Sobald diese Vorläufermoleküle hergestellt sind, werden einige durch eine Reihe von enzymatischen Reaktionen auf einen anderen Pfad geführt und in die Cannabigerolsäure umgewandelt, aus der die Stoffgruppe der Cannabinoide hervorgeht.
Die meisten Cannabinoide weisen Ähnlichkeit in ihrer Struktur auf, die sie wiederum von Terpenoiden unterscheidet. Die Umwandlung der Säure-Moleküle in die wirksamen Cannabinoide kann durch verschiedene Modifikationen erfolgen, durch Decarboxylierung (Verlust der CO₂-Moleküle, geschieht u. a. beim Erhitzen), durch Isomerisierung (Molekülstruktur wird nur umgestellt, Zusammensetzung bleibt bestehen) oder durch Oxidation (Verlust des O₂ Moleküls). Ferner gibt es Enzyme, die CBGa (Cannabigerolsäure) in spezifische Cannabinoid-Säuren wie THCa und CBDa umwandeln.
Die Prozesse in der Cannabispflanze als Vorbild für die Wissenschaft
Die Wissenschaft hat die molekularen Entwicklungen in Cannabispflanzen bereits mit Interesse zur Kenntnis genommen. Die chemischen Abläufe sollen erforscht werden, um ihr Konzept auf das Labor zu übertragen. Die Entwicklung von Mikroorganismen als Fabriken für die Erzeugung bestimmter Moleküle ist in der pharmazeutischen und biomedizinischen Industrie mittlerweile schon zum Standard geworden.
Im Speziellen soll nun auch erforscht werden, wie Mikroorganismen sozusagen als Bio-Synthesizer eingesetzt werden können, was bedeutet, dass Cannabinoide durch die Organismen produziert werden. Hier stehen die Forscher noch ganz am Anfang, allerdings sind die Aussichten gut, dass eines Tages Bakterien gezüchtet werden können, die Cannabinoide erzeugen.