In nur knapp hundert Jahren haben es die Gegner von Hanf geschafft, das Wissen über die alte Nutzpflanze mit einem unsinnigen Verbot stark zu verwischen und mit vielen falschen Argumenten große Unsicherheit sowie Ungerechtigkeiten heraufzubeschwören. Die Prohibition von Cannabis war in erster Linie politischer Natur und diente einigen Wenigen, ihre Macht auszubauen oder finanzielle Vorteile zu erlangen.
Hanf begleitet die Menschheit im Vergleich zu dieser kurzen Phase schließlich schon seit Jahrtausenden als ein praktisches Gewächs, das viel zu der Entwicklung unserer Spezies beigetragen hat. Funde belegen, dass Cannabis beispielsweise in China schon vor 2.500 Jahren im Rahmen von Begräbnis wegen seiner psychoaktiven Wirkung eine wichtige Rolle spielte. Auch wurde dort in Gräbern nachgewiesen, dass man schon vor mehr als eintausend Jahren auf Hanfsamen als Nahrungsquelle zurückgriff.
Weltweit war der Hanf bei Menschen ein vielseitig genutzter Rohstoff, dessen Gebrauch nun durch eine neue Untersuchung aus Brasilien zeitlich noch viel weiter nach hinten gesetzt werden kann. Ebenfalls ist dort die Überlegung ausgesprochen worden, dass der „War on Drugs“ ohne Cannabis wohl früh seine wichtigste Triebkraft eingebüßt hätte.
Jahrtausende langer Kontakt mit der Menschheit
Ein jetzt im European Journal for Chemistry veröffentlichter Artikel zeichnet die Geschichte von Cannabis durch „Tausende Jahre des Kontakts mit der Menschheit“ nach und verweist auf das Vermächtnis der Pflanze als Quelle von Ballaststoffen, Nahrung, Medizin, Spiritualität und Genuss. Die Arbeit, die von Gabriel Vitor de Lima Marques und Renata Barbosa de Olivera vom Fachbereich Pharmazie der Bundesuniversität von Minas Gerais in Brasilien verfasst wurde, weist dazu darauf hin, dass Cannabis vielleicht eine der größten Kontroversen der heutigen Menschheit darstellt und einen Hauptgrund für den modernen Krieg gegen Drogen lieferte.
Der Bericht „Von alten asiatischen Relikten zur Gegenwart: Ein Überblick über die historischen und chemischen Aspekte von Cannabis“, sieht die erste Verwendung von Hanf bei der Herstellung von Seilen und andere Waren wegen seiner strapazierfähigen Fasern. Die Verwendung von Hanffasern ließe sich laut Bericht auf das alte Mesopotamien vor etwa 10.000 Jahren und auf China und Kasachstan vor etwa 6.000 und 5.000 Jahren zurückdatieren. Es heißt es weiter, dass Cannabis bei den alten Völkern neben Reis, Soja, Gerste und Hirse zu den fünf wichtigsten Getreidesorten zählte. Sobald die Stängel zu Hanffasern verarbeitet wurden, dienten sie als haltbares Material für Seile, Segel und Bootstakelage, Kleidung, Papier, als Material in der Tierhaltung und weiteren Dingen.
Wohl die erste Pflanze, die nicht nur zur Ernährung angebaut wurde
Die Autoren gehen davon aus, dass die Pflanzenmaterialien auch zur Betäubung verwendet wurden, um den Fang von Fischen zu erleichtern, heißt es. „Cannabis ist möglicherweise die erste Pflanze, die zu anderen Zwecken als zur Ernährung angebaut wurde“ fügen sie an. Der Konsum von Cannabis wegen seiner physiologischen Wirkungen gehe laut der Studie hingegen ungefähr auf die Zeit vor etwa 3.000 Jahren zurück. Die ersten Menschen, die Cannabis sowohl als therapeutisches als auch als narkotisches Mittel verwendeten, stammten aus dem indischen Raum. Etwa 1000 Jahre vor Christus, hauptsächlich wegen seiner religiösen Bedeutungen, wurde es seitdem eingesetzt.
Die Zwecke des Gebrauchs waren oft miteinander verbunden. „In den Veden als eine der fünf heiligen Pflanzen beschrieben, glaubte man, dass sie aus einem Tropfen Amrita (heiliger Nektar) entstanden war, der vom Himmel auf die Erde fiel und denjenigen, die ihn verwendeten, Freude und Freiheit brachte“ wird berichtet. Doch die psychoaktive Wirkung von Cannabis wurden auch schon im ältesten Arzneibuch der Welt, dem Pen Ts’ao Ching, beschrieben, dessen Ursprünge auf das Jahr 2.700 v. Chr. zurückgehen. In der indischen Region, so der Bericht weiter, wurden Präparate mit Cannabis bei verschiedenen Veranstaltungen verwendet. Diese reichten „von eher zwanglosen Anlässen wie Hochzeiten und Familientreffen über Feste, die das Kommen der Jahreszeiten feiern, wie das Holi-Fest, hin zu wichtigen religiösen Zeremonien wie Durga Puja“. Es könne davon ausgegangen werden, dass Marihuana für diese Menschen genauso wichtig sei und genauso respektiert werde wie der Abendmahlswein oder die heilige Hostie für Christen.
Cannabis im frühen Einsatz der Medizin
In der ayurvedischen Medizin soll Cannabis dagegen praktisch als Allheilmittel eingesetzt worden sein. Es diente als Analgetikum, Spasmolytikum, Antikonvulsivum, als Entzündungshemmer, sowie als Aphrodisiakum und Anaphrodisiakum. Auch als Appetitanreger, Mittel zur Behandlung von Erkrankungen des weiblichen Geschlechtsapparats, als Abtreibungsmittel wie Geburtshelfer und viele andere Anwendungen ließen sich heutzutage noch nachweisen. Die Ergebnisse der Studie stellen viele grundlegenden Behauptungen führender Prohibitionisten infrage, die ein Verbot von Cannabis bei gleichzeitiger Zulassung von Alkohol nur aus diesem Grund gerechtfertigt sehen, da Alkohol nach ihrer Auffassung schon länger von der Menschheit konsumiert werde.
Kevin Sabet von „Smart Approaches to Marijuana (SAM)“ sagte beispielsweise im Jahr 2011 noch, dass der Hauptunterschied zwischen Alkohol- und der Drogenprohibition in den Substanzen selbst läge. Im Gegensatz zu illegalen Drogen hätte Alkohol eine lange Geschichte des weitverbreiteten, akzeptierten Konsums in der Gesellschaft, die bis in vorbiblische Zeiten zurückreiche, so Sabet. Man könne über illegale Drogen nicht behaupten, dass sie von einem großen Teil der Weltbevölkerung über einen so langen Zeitraum hinweg verwendet worden wären, irrt der Prohibitionist. Denn wie der neue Bericht erklärt, „kannten die semitischen Völker die psychoaktiven Eigenschaften von Cannabis auch schon Jahrhunderte vor der christlichen Ära“. Sie verwendeten die Pflanze in Form von Salben für äußere Verletzungen bis zu oralen Zubereitungen für verschiedene Beschwerden und „Krankheiten des Geistes“.
Cannabis auch in der Bibel
Im mesopotamisch-persischen Raum wäre es dazu üblich gewesen, bei bestimmten gesellschaftlichen Ritualen wie Beerdigungen Weihrauch auf Cannabisbasis zu verwenden, heißt es weiter. Sogar in der aramäischen Version des Alten Testaments der Bibel wurde der Einsatz für aromatische und narkotische Zwecke erwähnt, wird angefügt. Wie marijuanamoment.net erklärt, nimmt der Bericht keine politische Position zur Legalisierung von Cannabis im Allgemeinen ein. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass in den vergangenen Jahren Regierungen auf der ganzen Welt dazu übergegangen sind, die Pflanze zu legalisieren oder wenigstens zu entkriminalisieren: „Südafrika, Kanada, Georgien und Uruguay sowie einige US-Bundesstaaten“.
Andere Länder wie Deutschland, das Vereinigte Königreich, Chile, Neuseeland und Brasilien hätten dagegen nun Cannabisprodukte immerhin für medizinische Zwecke zugelassen. Die Bemühungen, das Stigma der Prohibition abzubauen, die Verwendung der Pflanze zu legalisieren und potenzielle Therapeutika zu erforschen, hätten sich in den vergangenen sechs Jahrzehnten aufgrund der Entdeckungen der Wirkstoffe von Cannabis in den 1960er-Jahren und der vielversprechenden Entwicklungen für die moderne Medizin verstärkt, schließen die Autoren den Bericht ab.
Cannabis hat also eine sehr lange Vergangenheit und mit Sicherheit auch noch eine sehr lange Zukunft mit dem Menschen vor sich. Die Verbotspolitik und die damit verursachten Schäden sind in diesem Kontext daher wirklich eine traurige Anekdote auf den gesamten Zeitraum bezogen.