In einer groß angelegten repräsentativen Studie ermittelte die Flowery Field GmbH in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin den Kenntnisstand und die Einstellung der österreichischen Bevölkerung zu Medizinalhanf.
Hierzu wurden im Zeitraum von 31. August bis zum 14. September 2017 eintausend Menschen ab 16 Jahren in Österreich telefonisch oder online über ihr Wissen, ihre Erfahrungen und ihre Einstellung befragt. Das Team von Dr. Peter Hajek und Jennifer Stark, welches die Studie durchführte, wollte zeigen, wie weit die Bevölkerung über Medizinalhanf informiert ist und wie sich das auch auf die vorherrschende Meinung über Cannabis als Medizin auswirkt.
Zwar wurden bezüglich der Aussagekraft für die gesamte Bevölkerung mögliche Abweichungen von bis zu +/- 3,1 % eingeräumt, jedoch sind die Ergebnisse der einzelnen Fragen in der Regel derart eindeutig, dass selbst die Abweichungen nicht die Richtung der Ergebnisse drehen könnten. So wurde die Studie beispielsweise damit begonnen, dass die Befragten spontan Begriffe nennen sollten, die sie mit Hanf oder Cannabis assoziieren. Da hier mehrfache Nennungen erlaubt waren, konnte es sein, dass eine Person einen positiven Begriff und einen negativen oder neutralen Begriff nennt. 72 % der Befragten assoziierten positive Gedanken wie „medizinische Wirkung“ oder „Schmerztherapie“, während bei 50 % negative Begriffe mit Cannabis verbunden wurden. Der einzelne meist-assoziierte Begriff, immerhin ein negativer, war „Droge“ und Synonyme wie „Rauschgift“, dafür wurden aber insgesamt etwa doppelt so viele positive wie negative genannt.
Besonders positiv wird der Begriff Cannabis bei Menschen verbunden, die Schmerzpatienten in ihrem persönlichen Umfeld haben, dies betrifft etwa 21 % der Befragten.
Beachtenswert ist allein schon der Fakt, dass 77 % der Menschen, die an der Studie teilnahmen, die Frage bejahten, ob ihnen medizinisches Cannabis bekannt ist und die allermeisten von ihnen auch konkrete Einsatzgebiete oder Wirkungsweisen im medizinischen oder psychotherapeutischen Bereich benennen konnten. Die gesundheitsbezogenen Anwendungen sind sogar so bekannt, dass auf Fragen nach Einnahmeformen von Cannabis die häufigste Antwort „Tropfen“ gewesen ist und nicht „Rauchen“, wie wir wohl erwartet hätten. Dieses Wissensspektrum in der Bevölkerung spiegelt sich auch in ihrer Einstellung wider.
Zum Beispiel befürworten gut 60 % der Studienteilnehmer den medizinischen Einsatz von Hanf als verschreibungspflichtiges Medikament, für eine generelle Freigabe an Erwachsene jedoch sind nur bis zu 15 % der Befragten. Auch dass Cannabisblüten oft besser wirken als synthetisch hergestellte Präparate oder isolierte Wirkstoffe, scheint sich herumgesprochen zu haben, denn knapp drei Viertel der Menschen meinen, dass Blüten auf Rezept von den Krankenkassen getragen werden sollen.
66 % der teilnehmenden Personen halten außerdem Cannabis für geeignet, um in der Altenpflege eingesetzt zu werden und 55 % ziehen Medizinalhanf den klassischen Medikamenten vor. 9 von 10 Menschen in der Studie haben selbst oder im Umfeld Erfahrungen mit Cannabis gemacht, welches unter ärztlicher Aufsicht therapeutisch eingesetzt wurde und 94 % von ihnen schreiben dem Hanf einen Behandlungserfolg zu.
Paradoxerweise geben ebenfalls 94 % an noch nie von einem Arzt oder Apotheker mit Informationen versorgt worden zu sein und nur 2% haben selbst schon medizinisches Cannabis eingenommen, was übertragen auf die österreichische Bevölkerung bedeutet, dass zwischen 60.000 und 150.000 Menschen bereits Medizinalhanf selbst genommen haben. Mit dieser Studie wird einmal mehr deutlich, dass die Bevölkerung bereit ist, mit Hanf verantwortungsvoll umzugehen und dass sich viele Menschen bereitwillig und engagiert die Informationen selbst beschaffen, die sie eigentlich von Ärzten und Apothekern erhalten sollten. Es ist ein offener Dialog und mehr Informationsaustausch zwischen Ärzten, Apothekern und Patienten nötig, aber vor allem muss gesetzlich nachgebessert werden. „Die gesetzlichen Hürden und bürokratischen Schikanen sind für Patienten enorm“, mahnt Kurt Blaas, Allgemeinmediziner und Gründer der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin, an.
Auch Otto Lesch, Professor und Facharzt an der Wiener Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Suchtmedizin, fordert eine Änderung der Gesetzeslage und eine Erweiterung des Behandlungsangebots.
Er weist darauf hin, dass der Missbrauch von Hanf für Jugendliche zum Genuss weniger attraktiv erscheinen wird, wenn sich Cannabis und daraus hergestellte Präparate in die Reihe der „normalen“ Medikamente einreihen und somit ihren Charme für Freizeitanwendungen verlieren.