Ohne Rezeptoren keine Wirkung
Cannabinoide können nur deswegen eine Wirkung entfalten, da es in unserem Körper Rezeptoren gibt, an denen sie andocken. Der andere Weg wäre, dass sie in unserem Körper darauf einwirken, dass sich Stoffe bilden, die wiederum an Rezeptoren andocken und eine Wirkung entfalten. Oder sie würden den Abbau solcher Neurotransmitter vereiteln. Ohne Rezeptoren gibt es jedoch nicht eine „Wirkung“. Diese „Cannabis-Rezeptoren“ werden Cannabinoid-Rezeptoren genannt.
Es sind uns als Cannabinoid-Rezeptoren bereits CB1 und CB2 bekannt, das aber auch erst seit Anfang der 90er-Jahre – das erste endogene Cannabinoid wurde immerhin erst 1992 entdeckt und „Anandamid“ genannt. Wo es diese endogenen Cannabinoide gibt, muss es auch Rezeptoren geben, da der Körper sie sonst nicht bilden würde. Eine Entdeckung führte zur anderen, damit war die Existenz vom Endocannabinoid-System (ECS) bewiesen.
Auch wenn inzwischen weltweit am Cannabinoid-System geforscht wird, so liegt die Annahme nahe, dass vieles noch nicht bekannt ist. Möglicherweise gibt es auch über zehn verschiedene Cannabinoid-Rezeptoren in unserem Körper. Bereits jetzt wird vermutet, dass GPR18, GPR119 und GPR55 als G-Protein-gekoppelte Rezeptoren die Funktion von Cannabinoid-Rezeptoren ausüben. Ein Rezeptor kann immerhin auch eine Doppelfunktion ausführen.
Heutiger Wissensstand um Cannabinoid-Rezeptoren
Bereits das, was wir heute über die Cannabinoid-Rezeptoren wissen, ist beachtlich. Bislang ist nur die Rede von CB1 und CB2, wobei Forscher bereits erklären, dass dieses nicht die einzigen Cannabinoid-Rezeptoren sein können. Ansonsten ließen sich einige Beobachtungen nicht erklären.
Der CB1 Rezeptor kommt besonders geballt im Kleinhirn, im Hippocampus, den Basalganglien sowie dem peripheren Nervensystem wie im Darm vor. Der CB2 Rezeptor findet sich besonders konzentriert auf den Zellen vom Immunsystem und Zellen, die am Knochenauf- und Abbau beteiligt sind. Aber auch an den meisten anderen Stellen oder in sehr vielen Zellen vom Körper gibt es wenigstens einen der beiden Cannabinoid-Rezeptoren, wenn auch nicht so gehäuft.
Diese Cannabinoid-Rezeptoren bildet der Körper nicht wegen eines Zufalles oder aus Langeweile. Die Cannabinoid-Rezeptoren müssen also Funktionen ausfüllen, damit sie gebildet werden. Wird betrachtet, wo sie besonders gehäuft gebildet werden, dann sind es die CB1 Rezeptoren z. B. in Bereichen vom Gehirn und die CB2 Rezeptoren auf den Immunzellen. Ohne funktionierende Hirnaktivitäten oder ohne intaktes Immunsystem wären wir gewiss nicht lange am Leben oder während der Lebenszeit nicht erfolgreich. Wenn diese Cannabinoid-Rezeptoren an diesen Stellen so gehäuft vorkommen, liegt zumindest die Vermutung nahe, dass Cannabinoide an diesen Stellen sehr wichtige Funktonen ausüben. Genau diese Vermutung erhärtet sich laufend durch Forschungsergebnisse oder Studien und empirische Datenauswertungen.
Die Grundfunktionsweise
Es gibt immer Botenstoffe und Rezeptoren. Dabei kann nicht jeder Botenstoff, auch Neurotransmitter genannt, an jedem Rezeptor andocken. An einem Rezeptor können jedoch verschiedene Botenstoffe andocken und auch unterschiedliche Reaktionen auslösen. Der Körper bildet jedoch nicht allein selbst diese Bodenstoffe, die dann endogen wären. Er kann zugleich auch exogene Botenstoffe aufnehmen, die im Körper ebenfalls an den Rezeptoren andocken und dort eine Wirkung entfalten. Viele Medikamente sind solche Botenstoffe. Oder sie wirken auf deren Bildung hin oder darauf, dass diese wichtigen Botenstoffe nicht abgebaut werden.
Neben dem „Anandamid“ wurden bereits „2-Arachidonylglycerol“, „N-Arachidonoyldopamin“, y-Linolenoylethanolamid“, „Docosatetraenoylethanolamid“, „2-Arachidonylglycerylether“ und das „O-Arachidonylethanolamid“ als endogene Cannabinoide entdeckt. Möglicherweise gibt es noch über 50 andere endogene Cannabinoide. Bei den exogenen Cannabinoiden muss zwischen den pflanzlichen und den synthetischen Cannabinoiden unterschieden werden. In der Cannabispflanze wurden bislang weit über Phytocannabinoide entdeckt. Bei den synthetischen Cannabinoiden wurden mit hoher Wahrscheinlichkeit weltweit schon hunderte in Laboren entworfen.
Möglicherweise kann nicht jedes Cannabinoid an einen Cannabinoid-Rezeptor andocken. Es gibt jedoch Cannabinoide, die an einem, oder auch an mehreren Cannabinoid-Rezeptoren andocken können. Sie können dabei unterschiedlich stark andocken und auch unterschiedliche Funktionen auslösen. Sie können jedoch auch den Rezeptor blockieren, womit andere Cannabinoide nicht andocken, wodurch deren Funktion also für diese Zeit unterbunden wird. Deswegen beeinflussen sich die Cannabinoide auch gegenseitig, da sie zum Teil die gleichen Cannabinoid-Rezeptoren besetzen.
Der Körper passt sich an
Der Körper ist ein Organismus, der laufend auf seine sich ändernde Situation reagiert. Wenn jemand nicht exogene Cannabinoide aufnimmt, dann ist der gesunde Körper darauf eingestellt, genügend endogene Cannabinoide zu bilden, um gut zu funktionieren. Wenn jedoch ständig exogene Cannabinoide aufgenommen werden, dann kann der Organismus darauf reagieren. Er kann weniger endogene Cannabinoide ausschütten. Werden bereits viele exogene Cannabinoide aufgenommen, wobei die endogenen Cannabinoide zum Großteil nur bei einer „Notwendigkeit“ gebildet werden, schüttet der Organismus in dieser Situation von ganz allein weniger aus.
Wenn der Organismus jedoch ständig exogene Cannabinoide in großen Mengen zuführt und plötzlich damit aufhört, passt er sich nicht nahtlos an diese Situation an. Es dauert ein oder zwei Wochen, bis sich der Organismus wieder aus sich heraus reguliert. Deswegen berichten Cannabiskonsumenten nach solch einem abrupten Konsumabbruch auch von schlaflosen Nächten, einer Gereiztheit und anderen unschönen Erscheinungen. Das ist weniger ein Entzug als eine Umgewöhnung. Bei einer psychischen Sucht kann jedoch von einem Entzug gesprochen werden. Wenn aus medizinischen Gründen die Aufnahme exogener Cannabinoide sinnvoll oder sogar notwendig ist, dann geht es den Betroffenen bei einem Konsumabbruch natürlich durchgehend schlechter. Das wäre allerdings keine Sucht, sondern ein unterversorgter medizinischer Bedarf.